So haben sich Liebesbeziehungen gewandelt…

Teil 1: Neid und Konkurrenz bei Paaren

Exkurs: Neid im Tierreich – Ein Versuch mit Kapuziner-Affen von Frans de Waal
Teil 19: Anlässe für Neid in Liebesbeziehungen
Teil 20: Beinflussbare und nicht-beeinflussbare Neidanlässe
Exkurs: Neid und Eifersucht – nahe Verwandte
Teil 21: Wie kommt der Neid in die Liebesbeziehung?
Teil 22: Die neue Konkurrenz zwischen den Geschlechtern

In den letzten 50 Jahren veränderten sich auch die Paarbeziehungen mit großer Dynamik. Während bis in die 1960er-Jahre hinein die bürgerliche Normehe dominiert und ein steter Quell von Benachteiligung und Diskriminierung der Frauen bleibt, gewinnen am Ende des Jahrzehnts neue Lebens- und Liebesformen zunehmend die Oberhand. Der Paartherapeut Jürg Willi fasst diese Veränderungen in seinem Buch Psychologie der Liebe in drei Entwicklungslinien zusammen (siehe Tabelle), die unsere Partnerschaften seither prägen: Willi erkennt eine Trendwende im Sexualleben, eine Trendwende in der Struktur von Partnerschaften und eine Trendwende in den Geschlechterrollen.

Trendwenden in Partnerbeziehungen nach 1968 (nach J. Willi, 2002, S.59)

  Sexualleben Struktur der Partnerschaft Geschlechterrollen
vor 1968 Angst vor unerwünschter Schwangerschaft restriktive Sexualmoral Monogamie, gestützt durch kirchliche Moral und Gesetz, Scheidung als persönliches Scheitern definierte komplementäre Rollen für Mann und Frau
nach 1968 Befreiung der Gefühle
Pille, liberalisierte Abtreibung, die Frau entscheidet über Kinderzahl; liberalisierte Sexualmoral, hedonistische Leitbilder, liberalisierte sexuelle Treue
Antiautoritäre Bewegung
Konsensual-Paare, Zunahme von Scheidungen und Wiederverheiratungen
Scheidung als Emanzipation
Feminismus
bessere Bildung und Ausbildung der Frauen; Erwerbstätigkeit der Frauen, finanzielle Unabhängigkeit
nach 1985 Sexualleben integriert mit Zärtlichkeit, Intimität und Konstanz der Beziehung; die neue Treue Liebe als Voraussetzung des Zusammenlebens, einvernehmliche Scheidungen Bedeutungsverlust der Geschlechterrollen, Berufskarriere von Frauen, auswärtige Kinderbetreuung, living apart together

In der gesellschaftlichen Umbruchphase verwischen Geschlechterdifferenzen, und alte Rollenvorstellungen verlieren ihre Gültigkeit. Früher ergänzten sich Männer und Frauen zu einer funktionierenden, sozialökonomischen Einheit: Er leistete die Erwerbsarbeit und brachte den für die Familie notwendigen Verdienst mit nach Haus. Sie leistete die Hausarbeit, stellte das Essen auf den Tisch, nährte und kleidete die Kinder – und erhielt dafür aus seiner Lohntüte das so genannte Haushaltsgeld.

Durch die Verschiebung der Kräfte und die Neuorientierung des weiblichen Selbstverständnisses ist in den letzten Jahrzehnten jedoch eine neue Geschlechterrivalität entstanden. Dadurch geraten bisher erprobte Beziehungsgleichgewichte durcheinander. Plötzlich ergänzen Männer und Frauen sich nicht mehr nur, sondern wetteifern um dieselben (knappen) Ressourcen: den beruflichen Erfolg, das Einkommen, die Freizeit, die Aufmerksamkeit im sozialen Umfeld, das Vertrauen der Kinder. Die Konkurrenzsituation sorgt zunächst auch für Unsicherheit, denn gerade die Männer wissen häufig noch nicht, wie sie mit den neuen Ansprüchen der Frauen umgehen sollen – zumal sie relativ schlecht auf die neue Rollenverteilung vorbereitet sind.

Willi, J.: Psychologie der Liebe. Persönliche Entwicklung durch Partnerbeziehungen, Stuttgart: Klett-Cotta 2002

Teil 24: Frauen haben ein neues Rollenverständnis in der Liebesbeziehung

Neid in Partnerschaften: Literatur

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