Liebe kann alte, innere Konflikte aktivieren

Teil 1: Neid und Konkurrenz bei Paaren

Die Liebesbeziehung schafft sowohl innere als auch zwischenmenschliche Konflikte, die in anderen Beziehungen kaum je eine Rolle spielen. So auch beim Neid: Die Erinnerungen an frühere Benachteiligungen können sich reaktivieren. Wir können uns genauso zu kurz gekommen fühlen wie früher oder genauso idealisiert. All den Neid, den wir zwischen den Eltern erlebt haben, den Neid zwischen den Geschwistern und den Neid aus allen anderen sozialen Beziehungen tragen wir auch in die Beziehung mit dem geliebten Menschen. Er wird unser Projektionsfeld. Wir werden an ihm unsere neidische Seite entwickeln. Oder wir werden ganz unbeabsichtigt seinen Neid auf uns zu wecken …

Welche Seite konkret in uns zum Schwingen gebracht wird, hängt sehr entscheidend von der Partnerwahl ab:

  • Verlieben wir uns in einen Partner, der unsere Entwicklung fördert?
  • Oder verlieben wir uns in einen Partner, der sich auf unsere Kosten profilieren möchte?
  • Suchen wir die Nähe zu einem Menschen, der in uns das Gefühl wiederauferstehen lässt, benachteiligt zu sein, zu kurz zu kommen?
  • Suchen wir die Nähe zu einem Menschen, der uns herausfordert?
  • Ermöglicht uns unser Partner, unsere Lebensentwürfe in die Partnerschaft einzubringen?

In Liebesbeziehungen kommen wir einander so nahe wie in keiner anderen Beziehung. Wir zeigen uns im konkreten und im übertragenen Sinne nackt. Sich dieser Offenheit hinzugeben, erfordert Mut und Vertrauen. Nicht immer ist uns schon bei der Partnerwahl klar, ob unser Mut und unser Vertrauen gerechtfertigt sein werden. Spätestens wenn im Laufe der Beziehungsentwicklung frühere Verletzungen aufbrechen und alte Erinnerungen wachgerufen werden, zeigt sich, wie berechtigt es anfänglich war, dem Partner einen Vertrauensvorschuss zu geben: Nutzt der andere unsere Schwächen zum eigenen Vorteil oder steht unser Partner auf unserer Seite?

Wie viel Vertrauen möglich ist, zeigt sich daran, wie interessiert unser Partner an unseren früheren Erfahrungen ist, wie ausgeprägt die gemeinsame Bereitschaft ist, sich über die eigene Vergangenheit mitzuteilen, und ob wir spüren, dass uns etwas verborgen beziehungsweise vorenthalten wird. Wenn es uns gelingt, die zwangsläufig in der Beziehungen auftauchenden, emotionsgeladenen Erinnerungen, Befürchtungen, Ängste und Unsicherheiten in das gemeinsame Erleben zu integrieren, schaffen wir auch die Voraussetzung dafür, mit unserem Neid und unserer Konkurrenz angemessen umzugehen.

Teil 28: Neid zwischen den Geschlechtern
Teil 29: Wie umgehen mit den neuen Lebenswirklichkeiten in Partnerschaften?
Teil 30: Männlicher Neid auf Frauen
Teil 31: Gebärneid – Frauen können Leben geben
Teil 32: Sexuelle Macht und sexuelle Potenz
Teil 33: Weibliche Kommunikationskultur, Sozialkompetenz, Bindungsfähigkeit
Teil 34: Weiblicher Neid auf Männer
Teil 35: Neidisch auf die gesellschaftliche Macht der Männer?

Neid in Partnerschaften: Literatur

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