Elektronische Gesundheitskarte

Die Krankenkassen stehen vor der flächendeckenden Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK). Obwohl schon zum 01.01.2006 geplant, laufen gegenwärtig nur Modellversuche. Bis Ende 2008 soll die Karte bundesweit verfügbar sein.

Allerdings haben sich inzwischen verschiedene Ärzteorganisationen (Kassenärztliche Bundesvereinigung, Bundesärztekammer, Hausärzteverband, Marburger Bund) in einer gemeinsamen Erklärung gegen die Einführung der Karte gewandt, wenn sie die anfallenden Kosten nicht gesondert vergütet bekommen.

In seltener Einmütigkeit haben nun die gesetzlichen und die privaten Krankenkassen an die Ärzte und ihre Standesvertreter appelliert, das Vorhaben nicht zu blockieren. Die Erklärung der Ärzteschaft bezeichneten sie als einen Versuch, „Druck auf die Kostenträger bei den Verhandlungen zur Finanzierung der Erstausstattung der ärztlichen Praxen mit entsprechender Praxishard- und software auszuüben. Ärgerlich sei es, dass versucht werde, Ängste bei den Patienten im Hinblick auf die Datensicherheit zu schüren, um damit eigene finanzielle Interessen durchzusetzen.“

Regierung gegen Fett & Co.

Frau Schmidt und Herr Seehofer beglücken uns diese Woche mit einem Eckpunktepapier, dessen Ziel die Prävention von Fehlernährung, Bewegungsmangel, Übergewicht und den damit verbundenen Krankheiten ist. Ein nationaler Aktionsplan setzt sich zum Ziel, „bis 2020 das Ernährungs- und Bewegungsverhalten nachhaltig zu verbessern, die Zunahme von Übergewicht bei Kindern zu stoppen und die Verbreitung von Übergewicht zu verringern.“

Dafür legen Aktionsplaner fünf Handlungsfelder fest:

1. Vorbildfunktion der öffentlichen Hand
2. Bildung und Information über Ernährung, Bewegung und Gesundheit
3. Bewegung im Alltag
4. Qualitätsverbesserung bei der Verpflegung außer Haus
5. Impulse für die Forschung

Wir werden also einen Propagandafeldzug für gesundes Essen und Bewegung erleben, wie ihn das Land bisher noch nicht kannte. Wohlfeile Aufklärung eben und ein bisschen Aktionismus… Strukturelle Risiken jedoch (Armut, Bildungsferne) werden zwar im Eckpunktepapier erwähnt, ein nationaler Handlungsplan dagegen ist nicht in Sicht. Die PISA-Daten haben nichts bewirkt, außer ein paar Luftblasen, und so wird es auch mit den Daten zum Gesundheitszustand der Bevölkerung sein. Mit einem Unterschied: Jeder Einzelne könnte irgendwann für sein Körpergewicht zur Kasse gebeten werden…

Übergewicht in Deutschland

In den vergangenen Wochen hat eine Studie das Land bewegt, aus der die Deutschen als fetteste Europäer hervorgingen: „Deutschland fett an der Spitze„. Das Robert-Koch-Institut bezweifelt nun, „ob die Daten, die in den EU-Mitgliedstaaten getrennt und zum Teil mit unterschiedlichen Methoden und in unterschiedlichen Jahren erhoben wurden, überhaupt vergleichbar sind und sich in einer Rangliste darstellen lassen. Zu Verbreitung und Entwicklungstendenzen von Übergewicht und Adipositas und zu den Daten der IASO-Studie ist im Epidemiologischen Bulletin 18/2007 ein Beitrag veröffentlicht.“

Zu den Einwänden zählt unter anderem, dass verschiedene Altersgruppen miteinander verglichen werden. In Deutschland gingen die 25 – 69-Jährigen mit Daten aus dem Gesundheitsmonitor 2003 der Bertelsmannstiftung in die Bewertung ein. Zu den Stichproben anderer Länder gehörten dagegen auch 18 – 24-Jährige, die seltener übergewichtig sind.

Gesund – und doch zum Arzt?

Wie bereits im Zuge der Deutschland-ist-zu-fett-Diskussion vermutet, profiliert sich nun ein Minister als Präventionsstratege: Laut Süddeutscher Zeitung vom Wochenende empfiehlt der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Horst Seehofer allen Ernstes, Menschen „über 45 Jahren den Gesundheits-Check, auch wenn auf den ersten Blick kein akuter Anlass dafür bestehe“.

So weit ist es also schon gekommen: Wir sollen ohne Anlass einen Arzt aufsuchen, nur weil wir ein bestimmtes Lebensalter erreicht haben. Damit redet der Minister all jenen das Wort, die schon lange das ärztliche Bonmot beherzigen: Ein gesunder Mensch ist ein Mensch, der nur noch nicht hinreichend untersucht wurde.

Seehofer will zwar keine Bevormundung, was die Wahl der Nahrungsmittel anbelangt, aber er will uns mit einer nebulösen Präventionsideologie beglücken, für deren Sinnhaftigkeit er keinerlei Belege anführt. Anstatt Ross und Reiter und damit Verantwortliche für das teils grottige Ernährungsverhalten der Bevölkerung zu nennen, fordert der Minister zumindest die Älteren unter uns auf, einfach häufiger zum Arzt zu gehen. Hirnloser lässt sich Politik kaum vorstellen. Da wird mir ja sogar Stasi-2.0-Schäuble sympathisch.