Heute mittag habe ich Herrn Ringstorff im Radio gehört. Er sprach aus Anlass der Einheitsfeiern, die dieses Jahr von Meck-Pomm veranstaltet werden. Viele schöne, salbungsvoll-pathetische Worte.
Allerdings verrutschten ihm, wie so vielen, die heute von damals erzählen wollen, immer wieder die zeitlichen Bezüge: So redete er häufig von den Menschen in der „ehemaligen“ DDR, wenn er von den Zeiten sprach, die vor 1989 lagen. Damals war aber die DDR keine „ehemalige“, sondern die real-existierende, wie wir alle wissen.
Außerdem: Dass die Ossis heute mehr über den Westen wissen, als der Wessis über den Osten, ist keine Nachricht, 17 Jahre nach der Vereinigung. Das war zu Zeiten der DDR bereits ganz genauso. Wie wenig sich seitdem verändert hat, ist die eigentliche Nachricht.
Und: Es ist ein schöner Mythos, die DDR sei an sich selber zugrunde gegangen. Die Menschen hätten ihr mit ihrer friedlichen Revolution schließlich den Garaus gemacht. Gut, ich war nicht dabei, aber die pure Selbstbespiegelung, das Sonnen im eigenen Glanze, reicht wohl nicht aus, um jene damalige Situation zu beschreiben. Immerhin stellte die Sowjetunion – nicht die ehemalige, 🙂 – Ende der 1980er ihre Unterstützung ein. Plötzlich wollte die SU, wie sie im Osten hieß, Devisen für Öl und Gas. Und heute kriegen die Russen das! Es war also ein strategisch ausgesprochen sinnvoller Schachzug, den Satelliten DDR aufzugeben, das Imperium insgesamt abzuschütteln – und stattdessen ganz ideologiefrei echtes Westgeld für die eigenen Rohstoffe zu kriegen.
So tanzt das neue Deutschland heute viel leichter nach der Pfeife der russischen Freunde – und bezahlt die Party auch noch. Herzlichen Glückwunsch!