Kindliches Sprachspiel 17

Mein großer Sohn (Anfang nächsten Jahres wird er 5) spielt für sich momentan gerne Fußballspiele nach: Er rennt durchs Kinderzimmer, kickt einen Wasserball und ruft: „Bayern München gegen Borussia Dortmund“ oder „Mainz 05 gegen Hannover 96“. Dazu zählt er ein paar Spielernamen auf, die sich den Ball zuspielen, so wie er es bei der Bundesligakonferenz im Radio aufschnappt.

Wie stark das kindliche Erleben durch diese medialen Einflüsse vermittelt wird, machen zwei Beobachtungen deutlich:

1. Michael Ballack und Simon Rolfes spielen in seinen nachempfundenen Leverkusen-Partien eine zentrale Rolle, obwohl beide seit Monaten verletzt sind und beide die das Kind prägende WM2010 nicht gespielt haben. Ja, das Kind hat keinen von beiden je Fußball spielen sehen (im Gegensatz zu Özil, Khedira, Forlan, Messi und all den anderen). Aber immer wieder wird von den Erwachsenen oder eben im Radio über sie geredet. So hat es Ballack ganz ohne Leistungsnachweis zum Lieblingsspieler des Kindes geschafft.

2. Die Informationen, die auf das Kind einströmen, vermischen sich – und der Junge baut sie neu zusammen: Vor wenigen Tagen spielte er „Stuttgart 21 gegen Schalke 04“, :-).

Kindliches Sprachspiel 16

Lange nichts geschrieben von der kindlichen Sprachentwicklung. Immer nur Politik und Stasi und viel Sendepause…

Damals erschienen solche Einträge:
Kindliches Sprachspiel 15
Kindliches Sprachspiel 14
Kindliches Sprachspiel 13
Kindliches Sprachspiel 12
Kindliches Sprachspiel 11

usw.

Heute trage ich mal wieder einen Dialog mit dem inzwischen knapp Vierjährigen vor:
„Papa, ist Skoda die Tochter von VW?“
„Ja.“
„Und wer ist dann der Papa?“
Hm.
Ein paar Sekunden später, die Sache beschäftigt ihn immer noch: „Und wer ist die Mama von VW?“

Ja, wer eigentlich?

Wenn Eltern ihre Kinder verwechseln…

kann es auch mal peinlich werden…

Bei zwei kleinen Kindern im Haushalt passiert es uns Eltern immer mal wieder, dass wir die Zugehörigkeiten durcheinander bringen:

Wir vertauschen im Erzählstrom die Namen der Zwerge – sicherlich ein sehr häufiges Phänomen bei mehreren Kindern. Weil beide Jungs Schnuller lieben, haben wir mehrere Größen der Beruhiger im Haus – und es kommt nicht selten zu Verwechslungen.

Kaum auseinander halten lassen sich auch die Milchtrinkflaschen. Der Große beharrt darauf, eine tägliche Ration Milch aus seiner angestammten Baby-Flasche zu trinken. Der Kleine bekommt nun das gleiche Flaschensystem. Die letzte Verwechslung bemerkte der große Sohn, weil die Tülle auf seiner Flasche plötzlich nur schwer Milch gab, er sie sonst aber relativ schnell leerschlürfen konnte. Die frisch gekaufte Tülle für den kleinen Kleinen erfordert einen viel höheren Saugaufwand.

Besonders peinlich aber war, dass ich vor kurzem dem Kleinen (Windelgröße 2) eine Windel mit Größe 5 angelegt habe, ohne es zu bemerken. Immerhin: Die umgekehrte Verwechslung wäre mir wohl schon auf dem Wickeltisch aufgefallen…

Kindliches Sprachspiel 15

Beide Kinder sind mit ihrer Mama bei den Großeltern. Dort liegt der große Sohn eines Nachmittags auf dem Wickeltisch, die Arme hinter dem Kopf verschränkt und sagt, ohne Vorwarnung: “Ich bin ein fröhliches Kind.”

Fragt seine Mama: “Und ich, was bin ich?”

“Du bist eine fröhliche Frau!” Und ergänzt: “Und wir haben noch einen fröhlichen Papa zu Hause.”

Fein, wenn ein Zweieinhalbjähriger sich und seine Eltern so sieht. Da vergesse ich schnell, dass er auch mal sagt: “Geh weg!” oder “Geh in die Küche!” oder auch “Mama soll mir den Schnuller geben, nicht Papa!”

Neulich auf dem Kita-Wickeltisch

Manche Geschichten des Kindes gelangen erst über Eck ans elterliche Ohr:

Das Kind liegt in der Kita auf dem Wickeltisch, hat einen Stinker in der Hose und sagt: “Ich bin ein Schwein.”

Die Kita-Tante ist aufrichtig empört: Was bringen die Eltern dem Kind bei? Genau das meldete sie auch an uns zurück. Sie bat uns, das Kind doch bitte zukünftig nicht mehr so zu nennen…

Nun war es an uns, über die Interpretation der Kita-Tante irritiert zu sein. Denn wir erleben ständig, dass er sich als Tier oder als andere Phantasiefigur bezeichnet. Dann sagt er, er sei ein Tiger und faucht, wie er die Tiger im Zoo hat fauchen sehen. Oder er ist ein Löwe, Butzemann, ein Panther, eine Maus, ein Schmusebär oder Hai.

So schnell kann kindliches Sprachspiel zu Missverständnissen führen…

Kindliches Sprachspiel 13

Das große Kind singt mittlerweile nicht nur beim Zähne putzen das Zahnputzlied.

Er fängt an, sich selber Textstücke zusammen zu bauen. Dieser Tage variierte er “Alle Vöglein sind schon da” und sang plötzlich: “Alle Vöglein sind schon weg.”

Weil ich solche Aktivitäten gerne unterstütze, :-), habe ich ihm “Alle meine Entchen” jahreszeitlich erweitert: “Alle meine Erdbeern schwimm’ im meinem Bauch, schwimm’ in meinem Bauch. Ess ich die Banane, schwimmt sie darin auch.”

Oder, nach dem Grillen im Garten: “Alle meine Würstchen, schwimm’ in meinem Bauch, schwimm’ in meinem Bauch. Ess ich Frikadelle, schwimmt sie darin auch.”

Kindliches Sprachspiel 12

Beispiele für die Fragen, denen ich mich täglich dutzendfach zu stellen habe, wenn ich mit meinem Sohn (2 Jahre, 4 Monate) durch die Straßen laufe oder fahre – oder an der Fensterbank stehe, um Zähne zu putzen:

Was macht der Mann/die Frau? (Dabei erkennt er selber, was die Leute tun! Meistens.)
Wie heißt der Mann/die Frau?
Wo wohnt der Mann/die Frau?
Wo fährt das Auto/der Bus/die S-Bahn/die U-Bahn hin?
Wo fliegt das Flugzeug hin?

Auf eine, meist frei erfundene Antwort folgt regelhaft das kindliche Standardfragewort: Warum?

Und dann ist richtig Kreativität gefragt! Was soll ich auch sagen, wenn das Kind wissen will, warum der Bus nach Altona fährt? Immerhin kommen auf diese Weise frei assoziierende, unterhaltsame Dialoge zustande, etwa derart:

Er: “Was macht der Mann?”
Ich: “Das siehst du doch. Er steigt aus dem Auto aus.”
Er: “Warum?”
Ich: “Vielleicht, weil er einkaufen will.”
Er: “Bei Penny?”
Ich: “Oder bei Budni.”
Er: “Warum?”
Ich: “Weil er Poppies kaufen muss.”
Er: “Und Taschentücher.”

Und so kann es endlos weiter gehen. Manchmal bin ich nach einigen Stunden mit dem Kind regelrecht sprecherschöpft.

Kindliches Sprachspiel 11

Es gibt immer wieder Momente, in denen der große Sohn (sehr zu unserem Leidwesen) frei flottierend durch die Wohnung zieht, um dort eine Schublade heraus zu ziehen, hier etwas vom Tisch zu grabschen, da am Spiegel zu wackeln oder dort auf seinem Weg durch die Räume einen Becher Wasser umzukippen, über das eigene Spielzeug zu stolpern, sich in Vorhänge einzuwickeln, den Mülleimer zu untersuchen…

Heute sitze ich auf dem Wohnzimmerfußboden und frage, hinein in diese gerade sich entgrenzende Energie:
“Warum spielst du nicht mit mir und deinen Lego-Steinen?”
“Weil ich schon Feierabend habe.”

Besser lässt sich ein väterlicher Versuch, das Kind einzufangen, kaum auskontern. Mehr Entwaffnung geht nicht.

Kindliches Sprachspiel 10

Nach der Ankunft des kleinen Bruders schwingt sich der große zu neuen Höhenflügen auf:

Neulich krabbelte er auf das elterliche Bett, griff sich ein Buch, das seine Mama gerade abgelegt hatte – und fing an zu blättern. Dabei sagt er: „Ich bin schon groß.“ – „Ich les‘ vor!“ – „Ich schreib‘ Nachrichten.“

Ich staunte – und staune weiter -, welche Sätze das Kind mit zwei Jahren und drei Monaten produziert. Mit soviel Unterhaltung und Unterhaltsamkeit bereits in diesem Alter habe ich keineswegs gerechnet. Andere Beispiele aus früheren Tagen finden sich hier:

Kindliches Sprachspiel 9
Kindliches Sprachspiel 8
Kindliches Sprachspiel 7
Kindliches Sprachspiel 6
Kindliches Sprachspiel 5
Kindliches Sprachspiel 4
Kindliches Sprachspiel 3
Kindliches Sprachspiel 2
Kindliches Sprachspiel 1