Eine längst Verblichene an Ihrem Geburtstag zu würdigen, ist selbstverständlich – wenn die Tote ein gutes Erbe bzw. einen bleibenden Wert hinterlassen hat. Das lässt sich nun von der DDR nur schwerlich sagen – auch wenn ich es selber gar nicht missen möchte, über 21 Jahre in diesem seltsamen Land gelebt zu haben. Der Erfahrungsreichtum, der sich daraus speist, bedeutet mir viel.
Manchmal geht mir durch den Kopf: Viele meiner prägenden Erfahrungen basieren auf einem gesellschaftlichen Gebilde, das sich irgendwann auflöste wie ein schlechter Traum. Ich kann also heute meine inneren Abbilder nicht mehr mit einer Wirklichkeit konfrontieren, aus der heraus sie irgendwann einmal entstanden sind. Dieses DDR-Innen hat kein Gegenüber mehr im DDR-Außen.
Alles nicht weiter schlimm, denke ich meist. Doch was, wenn ich bei näherer Betrachtung feststelle, das DDR-Außen ist gar nicht soweit weg: Unfreundliche, griesgrämige Bedienungen in Kneipen und Restaurants. Behördenmitarbeiter, deren einziges Ziel zu sein scheint, den eigenen Aufwand möglichst gering zu halten. Verwaltungen, deren größte Kunst darin besteht, zu belegen, wieso sie nicht zuständig sind bzw. wieso ihnen die Hände gebunden sind. Gewählte Volksvertreter, die behaupten, dem Wohle des Volkes zu dienen – aber doch nur die eigenen Interessen und die anderer Mächtiger vertreten.
Fazit am 58. Geburtstag: In Wahrheit ist die DDR gar nicht verblichen. Ihre Erscheinungen und Ausprägungen sind nur kleinteiliger verfasst, nicht mehr so leicht zu erkennen. Zwar fehlt die große Klammer, um die Idee „DDR“ zusammenzuhalten. Das macht sie deswegen aber nicht leichter erträglich – und die eigene Aufmerksamkeit und der eigene Widerstand ist gefordert wie eh und je.