Einen sehr interessanten Aufsatz zum Zusammenhang von Wirtschaftskrise und Gesundheitsstatus veröffentlichte vor kurzem das American Journal of Epidemiology: Impact of Energy Intake, Physical Activity, and Population-wide Weight Loss on Cardiovascular Disease and Diabetes Mortality in Cuba, 1980–2005.
Im Zuge der Wirtschaftskrise (1989-2000) nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion reduzierte sich die Kalorienaufnahme der kubanischen Bevölkerung. Weil das Öl knapp wurd, nahm gleichzeitig die körperliche Aktivität zu. Das führte im zweiten Teil der 1990er Jahre zu einer deutlichen Reduzierung des Körpergewichts. Die Diabetes-Sterblichkeit verringerte sich dramatisch – und auch die Sterblichkeitsziffern für Herzerkrankungen und Schlaganfall veränderten sich positiv.
Die Ergebnisse zeigen, dass eine Reduktion der Energiezufuhr gesundheitsrelevante Effekte hat. Zwar verzichteten die Kubaner nicht freiwillig auf die Kalorien, und auch die vermehrte körperliche Aktivität (Fahrrad fahren, Gehen) wurde ihnen abgenötigt. Dennoch wird dadurch sichtbar, welche langfristigen Effekte präventive Maßnahmen haben.
Niemand sollte allerdings die falschen Schlüsse ziehen und nun eine Beschränkung der verfügbaren Kalorienmengen fordern, um das Risiko für Herzerkrankungen und Diabetes positiv zu beeinflussen. Die Zwangskrise einer ganzen Volkswirtschaft führt zu einer Reduktion der Energiezufuhr in allen Bevölkerungsteilen, also auch bei jenen, die möglicherweise sowieso schon mangelernährt sind. Das Risiko für Kinder und Alte wächst, unter dem Mangel zu leiden. Die Studie weist das für die Alten nach. Deren Gesamtsterblichkeit ging im untersuchten Zeitraum leicht in die Höhe.
Gleichwohl stellt sich die Frage, wie sinnvoll bevölkerungsbezogene Präventionskampagnen unter Freiwilligkeitsbedingungen sind. Alle wissen, was Sie tun müssten, aber es gibt keine Möglichkeiten, die Verhaltensänderungen zu erzwingen. Zumal die Studie ein weiteres Ergebnis liefert: Ab dem Jahr 2000 bessert sich die kubanische Wirtschaftslage – und die Diabetes- und Herzkreislauf-Sterberaten steigen wieder.