Schäubles Fingerabdruck veröffentlicht

Der Chaos Computer Club veröffentlicht in der aktuellen Nummer seiner Mitgliederzeitschrift „Die Datenschleuder“ den Fingerabdruck des Bundesinnenministers Dr. Wolfgang Schäuble.

Da nach Auskunft des Ministeriums und aller anderen Befürwörter biometrischer Daten in Ausweisdokumenten niemand, der unbescholten ist, etwas von der routinemäßigen Erfassung zu befürchten habe, sollte Herr Schäuble auch nichts zu befürchten haben, wenn sein Fingerabdruck öffentlich wird. Zitat aus der Pressemitteilung des CCC: „Wenn unsere Überwachungspolitiker auch privat meinen, was sie öffentlich vertreten, sollten sie kein Problem damit haben, ihre biometrischen Daten publiziert zu sehen.“

Digitaler Nachbau eines Schäuble-Fingerabdrucks

Blogeinträge zum Thema:

Falsche Fingerabdrücke funktionieren
Biometrischer Reisepass
Deutsche Reisepässe sicher
Ein Grundgesetz für Schäuble!
Stasi 2.0
Fingerabdrücke in Reisepässen
Der Innenminister im Datensammelwahn

Schriftstellerin Zeh beschwert sich über biometrische Pässe

DIE ZEIT ist diese Woche vor allem durch den Abdruck eines Briefes von einigen CDU-Größen im Gespräch.

Doch eine ganz andere Geschichte der Wochenzeitung könnte sich langfristig als viel spannender erweisen: Juli Zeh, Schriftstellerin und Rechtsassessorin, hat Verfassungsbeschwerde (Dokument als pdf-Datei) eingelegt. Sie wehrt sich gegen die Fingerabdrücke in den neuen biometrischen Reisepässen und beschuldigt den früheren Innenminister Otto Schily, möglicherweise befangen zu sein.

Seine (erwartbare) Reaktion im Antwortbrief: „Grotesk.“ (pdf)

Falsche Fingerabdrücke funktionieren

Das ARD-Magazin PlusMinus dokumentierte heute Abend (Video), wie grotesk einfach es ist, das Fingerabdruck-Bezahlsystem der Einzelhandelskette Edeka auf Kosten Dritter auszuhebeln. In einstündiger Arbeit nahm Starbug vom CCC Berlin den Fingerabdruck eines Edeka-Kunden (Plusminus-Reporter) von einem Glas ab und fertigte mittels Digitalfotografie und etwas Holzleim eine Kopie. Die haut-dünne Kopie zog sich ein anderer Plusminus-Reporter über die Fingerkuppe. Damit ging er ohne Beanstandung durch das Bezahlsystem einkaufen.

Wie leicht diese Systeme zu überwinden sind, zeigte Starbug bereits auf dem Easterhegg 2005. Irritierend ist, dass a) Edeka seinen Kunden ein bereits kompromittiertes System unterjubelt und dass b) seit Frühjahr 2005 die technologische Entwicklung scheinbar stillsteht. Eine Dokumentation zur Herstellung von Fingerabdruck-Kopien findet sich in der Datenschleuder Nr. 87 (pdf), ebenfalls aus dem Jahr 2005.

Edeka verweist darauf, dass diese Scanner sogar von amerikanischen Regierungsbehörden freigegeben seien. Als ob nun ausgerechnet Regierungsbehörden, noch dazu amerikanische, gegen Unsinn gefeit wären.

Biometrischer Reisepass

Ab heute wird jeder, der einen neuen Reisepass beantragt, vom Staat genötigt, zwei Fingerabdrücke abzugeben. Keine schöne Vorstellung, wo doch solche Maßnahmen bisher immer nur irgendwelchen Verdächtigen galten…

Zu verdanken haben wir das unter anderem dem verdienstvollen Wirken von Herrn Schily, der nun in den Aufsichtsräten zweier Firmen sitzt, die biometrische Sicherheitstechnik anbieten.

Hier ein paar Links zum Thema:

Boykottaufruf gegen die Abnahme von Fingerabdrücken für Reisepässe (heise.de 15.06.07)
Von Kinder-, Vorrats- und Passdaten (heise.de 28.08.07)
„Feuchte Hände“ vor Ausgabe der neuen Pässe mit Fingerabdrücken (heise.de 02.10.07)
Der elektronische Reisepass (Chaosradio Express 08.10.07)
Fingerabdruck im Reisepass: Risikoexperiment an der Bevölkerung beginnt (CCC 16.10.07)
CCC warnt vor Risiken und Nebenwirkungen des neuen Reisepasses (heise.de 16.10.07)

Deutsche Reisepässe sicher

Eine Anfrage der Fraktion „Die Linke“ im Bundestag förderte neulich zutage, wie sicher die aktuellen Reisedokumente der Deutschen sind und dass sie in den vergangenen fünf Jahren nicht ein einziges Mal mißbräuchlich bei einem Terroranschlag eingesetzt wurden. Die Antworten deuten an, wie schmalbrüstig, fadenscheinig und irreführend die Sicherheits-Argumente sind, mit denen die Einführung biometrie-gestützter Reisepässe begründet wurde.

Frage Linkspartei: Wie viele Fälschungen und Verfälschungen deutscher Pässe sind seit 2001 auf welche Art und Weise und bei welcher Gelegenheit aufgedeckt worden?

Anwort der Bundesregierung: Im Rahmen der grenzpolizeilichen und sonstigen Kontrollmaßnahmen hat die Bundespolizei im Zeitraum 2001 bis 2006 insgesamt 6 Fälschungen und 344 Verfälschungen deutscher Pässe festgestellt.

Frage Linkspartei: Bei wie vielen der durchgeführten oder geplanten und aufgedeckten oder sonst verhinderten vermutlichen terroristischen Anschläge seit dem Jahre 2000 spielten bei Planung und Durchführung gefälschte deutsche Pässe oder Ausweise eine Rolle (bitte aufgeschlüsselt nach Jahren und Anlass darstellen)?

Anwort der Bundesregierung: Der Bundesregierung sind keine derartigen Fälle bekannt.

Fingerabdrücke in Reisepässen

Letzten Freitag (08.06.07) verabschiedete nach dem Bundestag auch der Bundesrat das neue Passgesetz. Ich mache mir heute die Presseerklärung des Chaos Computer Club zur Speicherung von Fingerabdrücken in Reisedokumente zu eigen:

„Erneut wurde trotz der Kritik aller Experten eine teure Sicherheitssimulation ohne Nutzen beschlossen. Unter den Beteiligten ist längst klar, dass die Einführung der Fingerabdrücke in den Reisepass kein Mehr an Sicherheit bringt. Stattdessen wird die gesamte Bevölkerung nun auf den Meldeämtern erkennungsdienstlich behandelt. “Wie Kriminelle werden die Bürger gezwungen, ihre Fingerabdrücke beim Staat abzuliefern, ohne dass die Bundesregierung jemals sinnvoll begründet hat, warum diese biometrische Vollerfassung nötig ist”, sagte der CCC-Sprecher Andy Müller-Maguhn.

Der Grund für die biometrische Überwachungsmaßnahme liegt im immer weiter wachsenden Interesse des Staates an der Erfassung aller Daten seiner Bürger. Ganz nebenher wird aber auch die Biometrie- und RFID-Industrie gefördert. Die Interessenverquickung zwischen Politikern, wie z. B. Ex-Innenminister Schily, und der Industrie ist äußerst anrüchig. Hier wird offensichtlich nicht im Sicherheitsinteresse der deutschen Bevölkerung gehandelt, sondern direkt in die eigenen Taschen gewirtschaftet.

In der Praxis hat die Aufnahme der Fingerabdrücke für den Reisenden unangenehme Auswirkungen. Großflächige statistische Untersuchungen zeigen, dass 3 bis 5 Prozent der Bevölkerung keine ausgeprägten Fingerabdrücke aufweisen. Besonders häufig werden hier ältere Menschen diskriminiert. Auffallen werden die damit verbundenen Probleme erst beim Versuch eines Grenzübertrittes außerhalb der Schengen-EU. Die Konsequenzen für den Reisenden reichen nach Auskunft des Bundesinnenministeriums von gesonderter Behandlung mit verschärfter Kontrolle bis zur Rückweisung. Das gleiche gilt bei defektem RFID-Chip.

“Mit dem sofortigen, schrankenlosen Online-Abruf der Passbilder schon bei Ordnungswidrigkeiten wird eine neue Dimension des staatlichen Biometrieterrors gegen die Bürger erreicht. Kombiniert mit Verfahren zur automatischen Gesichtserkennung sind der permanenten Alltagsüberwachung nun keine Grenzen mehr gesetzt”, sagte CCC-Sprecher Andy Müller-Maguhn.

Der Chaos Computer Club ruft daher alle Bürger auf, die Abnahme der Fingerabdrücke zu boykottieren. Bereits wenn sich ein kleiner Teil der Bevölkerung der erkennungsdienstlichen Behandlung verweigert, kann die Totalüberwachung noch verhindert werden.“

Wer also nur in der Schengen-EU unterwegs ist, kann problemlos vermeiden, dem Staat die eigenen Fingerabdrücke zu überlassen.

Passfotofahndung

Die TAZ berichtete gestern, dass die Regierung das Passgesetz ändern will, um der Polizei zu ermöglichen, automatisiert auf die digitalen Passfotos der neuen biometrischen Reisepässe zuzugreifen, die bei den Passbehörden erfasst sind. Heute legt die tageszeitung nach: Auch ältere Personalausweis- und Passbilder sollen auf diese Weise für die Polizei zugänglich gemacht werden.

Das widerspricht den Verlautbarungen und Beteuerungen, vor allem denen des damaligen Innenministers Otto Schily, rund um die Einführung des biometrischen Reisepasses im Herbst 2005. Damals behaupteten die Verantwortlichen, die digitalen Fotos würden ausschließlich zur Feststellung der Identität des Passinhabers verwendet. Im aktuellen Passgesetz steht in §16, Absatz 6: „Im Pass enthaltene verschlüsselte Merkmale und Angaben dürfen nur zur Überprüfung der Echtheit des Dokumentes und zur Identitätsprüfung des Passinhabers ausgelesen und verwendet werden.“

Hier greift die bewährte Salamitaktik: Erstmal einführen, Gefahren und Risiken abwiegeln, Grenzen setzen. Ein bisschen später dann erweitern, vergrößern, ergänzen, Grenzen wieder abschaffen. Da ab 01.11.2007 auch digitale Fingerabdrücke in die Pässe eingefügt werden, sind zumindest die technischen Möglichkeiten für den Überwachungsstaat schon sehr edel. Es müssen nur noch die Gesetze angepasst werden. Dafür ist nun Herr Schäuble unser Gewährsmann.