Mit dem Kind im Gespräch…

Als ich unseren Sohn heute aus der Kita abholen wollte, weigerte er sich lange Minuten beharrlich – indem er einfach unbeirrt weiterspielte und dabei „Backe backe Kuchen, der Bäcker hat gerufen“ sang. Nach der vierten oder fünften Aufforderung, sich von mir anziehen zu lassen, vertröstete mich das Kind plötzlich mit den Worten: „Ja, gleich.“

Ansonsten im Alltag ist diese unbestimmte Zeitangabe reine Routine. Sie macht es allenfalls erforderlich einzuschätzen, was der andere unter „gleich“ versteht. Sie jedoch das erste Mal aus dem Mund meines 21,5 Monate alten Kindes zu hören, beeindruckte mich nachhaltig: Jetzt kann er also aktiv Zeit schinden.

Lärmschutz gegen Kinder

Im Hamburger Kindergartenprojekt „Marienkäfer“ wurde gestern der Grundstein für eine Lärmschutzwand gelegt. Lärmschutzwand? Kindergarten? Alles in Ordnung bei den Fischköppen?

Das ist passiert: Vor zwei Jahren klagten Anwohner gegen den alten Standort des Marienkäfer. Das Hamburger Landgericht gab den Lärmbelästigten zum Entsetzen vieler Leute recht. Das Projekt musste weichen und eine neue Bleibe suchen. Die Auflage: Eine 60 m lange und zwei Meter hohe Lärmschutzwand.

Vielleicht zeigt diese Grundsteinlegung, wie es wirklich steht in diesem Land um das Zusammenleben mit Kindern – und um das Zusammenleben überhaupt…

Mehr Infos:

Kindergarten Marienkäfer: Erste Einigung (Hamburger Abendblatt 25.08.05)
Zu laut! Kita Marienkäfer muss ausziehen (Hamburger Abendblatt 02.11.06)

Helm auf und los! Baustart für „Marienkäfer“ (Hamburger Abendblatt 03.11.07)
Marienkäfer: Dem Bürgermeister war’s wohl peinlich (HH-Heute 02.11.07)

Kind und Zähne putzen, update 2

Ich habe meine Verzweiflung über die kindliche Zahnputzverweigerung beschrieben, ein Zahnputz-Lied gedichtetund zunächst gedacht, dass damit alles besser wird. Vergeblich, wie die wütenden Verweigerungen in den Tagen danach zeigten.

Seit kurzem nun besitzen wir ein Buch: „Benni Bär lernt Zähne putzen“. Jetzt gucken wir gemeinsam das Buch an, während ich dem Kind die Zahnbürste führe. Erst verteile ich die Zahnpasta auf seinen Zähnen Dann übernimmt das Kind – und bürstet selbst. Zum Abschluss putze ich noch einmal nach. Dabei schwillt allerdings der Unmut wieder an…

Ich kopple also seine Leidenschaft, Bücher anzugucken an die Abneigung, Zähne geputzt zu bekommen. Seitdem entspannt sich die Lage. Das Kind braucht sich nicht mehr ausgeliefert zu fühlen – und ich habe kein schlechtes Gewissen mehr, was ich dem Kind antue.

Kinderwagen im ÖPNV

Kleiner Tipp für Eltern, die mit Ihren Kinderwagen in öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind, egal ob Bus, U-Bahn oder Zug: Immer vorwärts einsteigen! Immer rückwärts wieder aussteigen!! Immer! Wer mit dem Kinderwagen zuerst aus der Bahn raus will, dessen Wagen bleibt eventuell im Abstand zwischen Bahn und Bahnsteig hängen oder das Kind stürzt nach vorn aus dem Wagen…

Diese Regel gilt auch für Rolltreppen: Die Eltern halten den Wagen vor sich, wenn die Treppe aufwärts fährt. Sie bewegen sich rückwärts zur Rolltreppe, wenn es wieder nach unten geht. So lässt sich die Kontrolle über den Wagen und seinen Schwerpunkt halten.

All das steht hier, weil ich mich ansonsten nicht traue, Eltern besserwisserisch anzusprechen – egal ob auf der Straße, im Kaufhaus oder im U-Bahn-Schacht.

Neue Chancen für Minderjährige: Testkäufer!

Die Pressemitteilung stammt schon vom 13.02.2007. Richtig Furore macht Frau von der Leyens Vorschlag, Kinder als Testkäufer für Alk, Zigaretten, Gewaltvideos einzusetzen, erst mit der Vorlage einer entsprechenden Gesetzesänderung: Die Financial Times Deutschland machte den Vorschlag öffentlich.

Die Ministerin will § 28 Abs. 4 des Jugendschutzgesetzes ändern und begründete dies im Februar so: „Wir müssen die schwarzen Schafe unter den Händlern erwischen, wenn sie leichtfertig verbotenerweise Spiele an unsere jugendlichen Testkäufer verkaufen“, sagt von der Leyen.

Ich glaube diese Idee ist ausgesprochen fortschrittlich, sehr zukunftsweisend, jederzeit ausbaufähig. Zunächst einmal entstehen wertvolle Beschäftigungsverhältnisse. Dann könnte die Rekrutierung der Testkäufer gleich durch LKA, BKA, Verfassungsschutz, BND und MAD übernommen werden. Die hätten nie wieder Nachwuchssorgen, sondern immer bereits erprobtes Personal am Start.

Es bleiben Fragen offen: Dürfen die Kids das Zeug, dass Sie erworben haben, behalten? Wer kontrolliert die Jugendlichen? Nimm zwei Flaschen Schnaps: eine für den Spitzelführer, eine für den Eigengebrauch? Zwei Gewaltvideos bitte! Eines, um den Verkäufer in die Pfanne zu hauen, eines um noch ein paar Extra-Euro auf dem grauen Markt zu machen. Der Lohn als kindlicher Agent Provocateur wird ja nicht zu üppig ausfallen…

Also: Bitte auf die Durchführungsbestimmungen achten! Ansonsten: Weiter so, Frau von der Leyen! Ihnen kommen bestimmt noch weitere tolle Ideen, um unsere Kinder fit für die Zukunft zu machen: Warum nicht zum Heroinkauf auf den Bahnhofsvorplatz? Warum Kinder nicht auf den Strich schicken, um die Pädo-Liebhaber zu identifizieren?

Die Sicht des Kindes: Arbeit

Den Begriff Arbeit kennt und verwendet das Kind schon längere Zeit. Meistens, wenn Mama oder Papa abwesend sind, stimmt seine Vermutung: „Mama Arbeit.“ Oder: „Papa arbeiten.“ Neulich in der Kita fehlte eine der Betreuerinnen. Als deren Kollegin den Kindern das mitteilte, schloss unser Sohn messerscharf: „G. nicht da. G. arbeiten.“

Und die Moral aus Kindersicht? Wer mit mir zusammen ist, arbeitet nicht!

Milchzahnkaries

Zwei medizinische Fachverbände der Kinder- und Jugendmedizin streiten sich. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde (DGK) und die Deutsche Akademie für Kinder und Jugendmedizin (DAKJ) sind uneins darüber, wie Karies bei Milchzähnen effektiv verhindert werden kann.

Eine Fachgesellschaft (DGK) behauptet, die Verwendung Fluorid-haltiger Zahnpasten ab dem ersten Zahn sei zielführend. Die andere Fachgesellschaft (DAKJ) wiederum hält Zahnpasta in erster Linie für ein kosmetisches Mittel. Das dürfe Säuglingen und Kleinkindern nicht zugeführt werden, denn sie das schluckten meiste davon herunter. Stattdessen sollten Eltern ohne Zahnpaste putzen und das Fluorid per Tablette zuführen.

Und jetzt? Wofür soll ich mich entscheiden? Welche Fachgesellschaft hat recht? Welcher Weg ist der richtige? Weiter mit Pasten hantieren oder gegen Tabletten eintauschen? Ich weiß nur noch nicht, wie das Fluorid der Tablette an die Zähne kommen soll, um dort die Karies zu verhindern. Beim Putzen mit Paste schluckt das Kind zwar den größten Teil, aber das Fluorid landet zunächst an den Zähnen. Bleibt  die Frage: Sind alle anderen Bestandteile der verschluckten Zahnpaste im Dauergebrauch unschädlich bzw. unbedenklich einzunehmen?

Ich singe also weiter mein Zahnputzlied und wechsle demnächst mal die Paste…

Immer weniger Sonntagskinder…

Eine Auswertung der deutschen Geburtenstatistik aus dem Jahre 2003 ergibt einen deutlichen Rückgang der Wochenendgeburten, wie die Zeitschrift Naturwissenschaften in Ihrer neuesten Ausgabe berichtet: „Where are the Sunday babies? Caesarean sections, decreased weekend births, and midwife involvement in Germany„.

Im Vergleich zu den anderen Tagen werden am Samstag etwa 13% und am Sonntag 16% weniger Kinder geboren. Verantwortlich dafür ist eine deutliche Zunahme von nicht medizinisch notwendigen Kaiserschnittgeburten. Die werden in der Regel nur wochentäglich durchgeführt. Für das delivery-on-demand-Phänomen spielen der Komfort und die Planbarkeit die wichtigste Rolle. Auch dem Krankenhaus kommen die Wünsche der Gebärenden entgegen, da sich Ressourcen auf diese Weise gezielter einsetzen lassen und die Einnahmen des Krankenhauses steigen.

Die Geburt eines Kindes wird (ohne Not) vom medizinisch-industriellen Komplex vereinnahmt. Der Einfluss der Hebammen sinkt. Die Frauen, die sich scheinbar selbst bestimmt für die chirurgische Geburtshilfe entscheiden, geben faktisch die Kontrolle über den Geburtsvorgang auf. Und die Krankenkassen schauen der unnötigen Kostensteigerung zu.

Seltsame, arme, reiche Welt.

Ich-Entwicklung

Zum ersten Mal hat das Kind das Wörtchen „Ich“ verwendet: „Ich auch“, sagte er, als es um die Verteilung von Joghurt auf mehrere Schüsseln ging.

Das Kind sieht sich als Subjekt und redet nicht mehr nur in der dritten Person von sich. Was später im Leben so selbstverständlich ist, wird in der kindlichen Entwicklung zur bedeutungsvollen Wegmarke.