till raether räsonniert in der aktuellen brigitte über erotische verabredungen von paaren.
er erwähnt allerdings nicht, wie vielen menschen es befremdlich erscheint, sich für erotisches tun zu verabreden. ja, sich überhaupt zu verabreden, wenn ein paar eine gemeinsame wohnung teilt, finden einige leute, die davon hören, absurd – zumal wenn die beiden dann nicht ins kino oder ins theater gehen, sondern den abend gemeinsam zu hause verbringen, weil sie vielleicht den schlaf der kinder behüten müssen.
eine seltsame sichtweise auf die wirklichkeit. die gefahren, die jenen drohen, die sich nicht verabreden, liegen auf der hand: das paar lebt nebeinander statt miteinander. sexuelle begegnungen werden seltener. die kommunikation reduziert sich auf den austausch von organisatorisch-praktischen notwendigkeiten. jeder macht seins, weil der eindruck herrscht, dass man sich ja sowieso immerzu sieht.
paar-zeit und paarungs-zeit gezielt zu schaffen, gehört zu den selbstverständlichkeiten einer jeden beziehung, so lange die partner nicht zusammen wohnen. irritierenderweise lässt das schlagartig nach, wenn die gemeisame wohnung eingerichtet ist – mit den beschriebenen folgen. dieser effekt ist bestimmt verwandt mit jenen effekten, welche sonst die liebesqualität ruinieren: aktivierung alter rollenmuster nach der hochzeit. plötzlich erwartet mann, dass frau die wohnung putzt und kocht. oder auch gewöhnungs- bzw. sättigungseffekte: der andere ist mir nun sicher. deswegen höre ich auf, mich um ihn oder sie zu bemühen. beide begegnen sich nur noch in trainingshose und anderer schlotterkleidung. irgendwann ist die attraktivität dahin.
gegen all das hilft es, sich zu verabreden! ob zum sex, zum gespräch, zum spiel, zum gemeinsamen abend innerhalb oder außerhalb der wohnung. dann bleibt auch die liebesqualität erhalten. so einfach ist das.
wenn es so einfach wäre und eine regelmäßige verabredung genügte um paarkonflikte zu vermeiden, wäre dann der mensch nicht ein bißchen arm dran? wenn alles nur eine frage der bemühung und des guten willens wäre, eine äußere struktur automatisch eine verständigung nach sich ziehen würde? und folgt aus dieser argumentation nicht auch, dass diejenigen paare deren beziehung schwierig ist, einfach zu doof sind sich zu verabreden? bisschen mehr innenleben möchte ich (zumindest für mich) beanspruchen. mehr konfliktpotential, mehr ambivalenz, mehr widerstreitendes gefühl. es gibt doch mehr zu verstehen, warum beziehungen tot laufen, als nur mangelnde verabredung. warum menschen die sich eben noch liebten nicht sprechen können, angst haben sich zu zeigen. hätten sie es nicht, dann täten sie es doch wahrscheinlich.