Fatih Akin: Auf der anderen Seite

Mit seinem Film „Auf der anderen Seite“ (eine Palme in Cannes 2007 für das beste Drehbuch) stellt Fatih Akin den zweiten Teil seiner Liebe-Tod-und-Teufel-Trilogie vor. Der Tod steht also im Zentrum, so wie die Liebe Gegenstand des ergreifenden, ungezügelten Dramas „Gegen die Wand“ ist.

Akin verschachtelt zwei zunächst voneinander unabhängige Geschichten, um vom Tod zu erzählen. Hier die Geschichte von Yeter, einer Türkin, die in Deutschland zu Tode kommt, dort die Geschichte von Lotte, einer Deutschen, die in der Türkei stirbt. Verklammert werden die beiden Episoden durch die Figur des türkisch-stämmigen Germanistik-Professors Nejat Aksu, der die Hamburger Uni verlässt und sich in Istanbul eine Buchhandlung für deutschsprachige Literatur kauft.

Leider kommt Akin dem Tod nicht wirklich nah. Der Sensenmann ist zwar Teil des Plots. Allerdings dient er nur als Scharnier zwischen den Filmteilen. Akin erforscht den Tod nicht. Er dreht und wendet ihn nicht, wie das zu erwarten wäre, wenn der Tod zentraler Inhalt des Films ist. Stattdessen überkommt der Tod die Handelnden ohne Vorwarnung und reißt sie aus dem Leben – weil sie zufällig den falschen Menschen begegnen oder im falschen Moment am falschen Ort sind. Eine Auseinandersetzung mit dem Tod ist so allenfalls für die (Über)-Lebenden möglich. Doch auch die kehren recht schnell in die Bewältigung des eigenen Alltags zurück.

Zudem tragen die Figuren an der Last des Ensemblefilms: Für jede Figur werden viele Fragen nicht beantwortet, weil Raum und Zeit fehlen, sie zu beantworten. Da viele Personen im Mittelpunkt stehen, tut es keine so richtig – und so stark die Charaktere situativ agieren, so blass bleiben sie bezüglich Ihres Antriebes über die Zeit. Biographisch am weitesten spannt sich dabei die Geschichte von Nejat Aksu.

Was imponiert ist die wieder ausgezeichnete Schauspielerarbeit, der treibende Soundtrack und das sichere Timing – auch wenn der Film erst nach ein paar Längen richtig in Fahrt kommt. Die kulturellen Mehrdeutigkeiten, mit denen Akin zu jonglieren vermag wie kein Zweiter, machen seine Filme wertvoll weit über den deutsch-türkischen Kontext hinaus.

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