Wahlstift – Nachbetrachtung

Der CDU-Obmann im Verfassungsausschuss Kai Voet van Vormizeele gibt nicht auf, wie das Hamburger Abendblatt berichtet: „Er bedauerte, dass die Diskussion über den Wahlstift mit „nicht nachgewiesenen Behauptungen“ geführt worden sei. Er plädierte dafür, die Stifte bei der Wahl verpflichtend zu nutzen, um die Hamburger ans System zu gewöhnen – als abschließendes Ergebnis aber nur die Handauszählung heranzuziehen.

Wahrscheinlich kommt VvV demnächst auf die Idee, die Stadt solle den CCC auf Schadenersatz verklagen. Der hat ja schließlich die schöne Wahlstift-Idee zugrunde gerichtet und die Kostenlawine (Landeswahlamt schätzt über 20 Mio. Euro) losgetreten. Dabei scheint niemand sehen zu wollen, was wir gewonnen haben: Rückkehr des Vertrauens in den Wahlvorgang. Eine deutlich geringere Gefahr von Wahlanfechtungsklagen. Und ein verhindertes Chaos, wenn am 24.02.08 der Öffentlichkeit eine Sicherheitslücke präsentiert worden wäre, die den gesamten Wahlgang ins Zwielicht setzte.

Dass weite Teile der politischen Klasse Frust schieben, ist nicht verwunderlich: Sie wurden vorgeführt. Ihnen ist in den vergangenen Wochen dokumentiert worden, dass sie die Wahlstift-Vorentscheidungen auf der Basis von Versprechungen und Hoffnungen, aber nicht von Wissen und fundiertem Verständnis getroffen haben. Ihnen ist ein System aus der Hand geschlagen worden, auf das sie geschworen haben bis zuletzt. Und das durch die Straße! Von einem Laden, der sich Chaos Computer Club nennt!

Und dieser Club, das empört die Berufspolitiker besonders, argumentiert politisch: Wehret den Anfängen. Ein intransparentes Abstimmungserfassungssystem hat bei demokratischen Wahlen nichts zu suchen. Hamburgs Wahlstiftanhänger sind in die Knie gezwungen worden von einer kleinen, aber feinen außerparlamentarischen Opposition: Die hat ihnen die Sicherheitsfäden aus der Argumentation heraus gelötet. So implodierte das ganze schöne Begründungsgebäude.

Doch das alleine hätte wahrscheinlich nicht gereicht. Politiker entscheiden ja sonst auch häufiger gegen die Faktenlage. Wieso also hat es so funktioniert, wie seit dem Easterhegg 2007 im Eidelstedter Bürgerhaus von den Beteiligten angedacht? Aus Sicht der Öffentlichkeit fand das allgemeine Misstrauen in solche Großtechniken Gehör ausgerechnet bei jenen, die ansonsten als technik-affin, als begeistert und digital innovativ gelten. Wahlen sind ein sensibler Bereich der Willensbildung – und Misstrauen in diesen Vorgang berührt die Grundfesten des Gemeinwesens.

Hinzu kommt das Hamburger Abendblatt. Die Journalisten der meist gelesenen Hamburger Tageszeitung zu überzeugen, war ein wichtiger Baustein. Das wiederum wäre nicht passiert, hätten die Journalisten selbst Zweifel am Zweifel gehabt. So schwoll die Masse an kritischen Informationen an – und die verantwortlichen Parlamentarier konnten nicht anders, als ihren eigenen Vorschlag in die Tonne zu treten – auch wenn VvV weiter maulen wird, dass alles nur behauptet und nicht bewiesen sei.

Ich bin sehr froh über diese gelungene Aktion. Dank an alle, die sich dafür engagiert haben!