Heute widmete sich Chaosradio, das monatliche Live-Talk-Radio des Chaos Computer Club auf Fritz, Wahlcomputern allgemein – und unserem Hamburger Wahlstift speziell.
Archiv für den Monat: Oktober 2007
Wahlstift-Nachrichten 5
Manche Medien tun sich selber keinen Gefallen, wenn sie über bestimmte Themen berichten, die den federführenden Journalisten intellektuell überfordern. Oder der das Stück einfach nur grottig recherchiert…
So misslang heute dem „Tagesspiegel“ ein Beitrag zum Hamburger Wahlstift gründlich. Allein der Satz „Der Stift, der einem Kugelschreiber täuschend ähnlich sieht, wird in den Wahlkabinen in einem Auslesegerät stecken“ entlarvt den Journalisten Stürzenhofecker. Er hat nicht geblickt, wie das System funktioniert. Das Auslesegerät wird aus gutem Grund nicht in der Wahlkabine stehen. Denn da könnte ja jeder unbehelligt seinen eigenen Stift ins Lesegerät stecken…
Ich fürchte, solche Texte spielen den Befürwortern des Wahlstiftunsinns in die Hände. Leider hat „Die Zeit“ auf ihrer Online-Seite diesen Mist auch noch übernommen. Qualitätsjournalismus á la Holtzbrinck. Ich wünsche dem Hamburger SPD-Spitzenkandidaten Michael Naumann (beurlaubter Mitherausgeber „Die Zeit“) bessere Informanten als diesen Journalisten…
Bisherige Beiträge zum Thema:
Wahlstift-Nachrichten 4
Wahlstift-Nachrichten 3
Wahlstift: Verfassungskonform?
Wahlstift-Nachrichten 2
Wahlstift-Nachrichten
Hamburger Wahlstift
Wahlstift und die CDU –
eine Liebe bar jeder Vernunft…
Die GAL hat die Seiten gewechselt, die SPD wartet ab, was da noch so ans Tageslicht kommt über das Hamburger Digitale Wahlstiftsystem – und die CDU?
Die Mehrheitspartei im Hamburger Parlament steht, befeuert von Ihrem Wahlstift-Chefdenker Kai Voet van Vormizeele (VvV), bis heute treu zum Wahlstift. Obwohl die Präsentation des Chaos Computer Club die prinzipielle Unsicherheit des Wahlstiftes dokumentiert, hat VvV „keinen Zweifel daran, dass der Wahlstift ein sicheres System ist„.
Mehr als ein unsicheres Wählsystem fürchtet VvV nämlich, die kumulierten und panaschierten Stimmen könnten innerhalb von drei Wochen nach der Wahl nicht ausgezählt sein. Doch so wie die Liebe zum Stift ist auch die Befürchtung nicht verfassungsfristgerecht auszuzählen bar jeder Vernunft: Es gibt bundesweit keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass ein komplettes Handauszählen von kumulierten und panaschierten Stimmen drei Wochen dauert.
Alles nur Populismus?
Wahlstift und die SPD –
ein Rückzug auf Raten…
Erst hat die GAL in Hamburg sich als lernfähig erwiesen. Sie fordert inzwischen, dass bei der nächsten Bürgerschaftswahl die papiere Stimme die entscheidende ist. Dem digitalen Wahlstift billigt sie allenfalls noch experimentellen Charakter zu. Eine Rolle rückwärts aus Einsicht – nachdem die GAL gemeinsam mit SPD und CDU den Wahlstift als Antwort auf das neue Wahlrecht hatte einführen wollen. Nunmehr kommt auch die SPD in Bewegung und bestimmt schon mal die Rückzugslinien.
Heute hat der Fraktionschef Michael Neumann in einer Antwort auf die Frage einer Leserin bei abgeordnetenwatch.de folgende Sätze aufgeschrieben:
„Wenn Fragen offen bleiben, gibt es diese Technik nicht. Deshalb wird der Verfassungsausschuss eine entsprechende Expertenanhörung durchführen. Vom Ergebnis dieser Anhörung werden es meine Fraktion und ich abhängig machen, wie wir uns entscheiden. Wenn es Unsicherheiten gibt, wird es aber keinen Digitalen Wahlstift geben.“
Eines kann ich Herrn Neumann schon mal garantieren: Die Unsicherheiten werden bestehen bleiben!
Wahlstift-Nachrichten 4
Die gestrige Demonstration des Chaos Computer Club, wie leicht angreifbar der Hamburger Wahlstift ist, hat anstehende Entscheidungen zunächst einmal verzögert. Vorgesehen war gestern, dass sich der Verfassungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft trifft, um das endgültige Prozedere des Wahlablaufs und des Zählens festzulegen.
Daraus ist nichts geworden. Vielmehr stimmten die pro-Wahlstift argumentierenden SPD-CDU-Ausschussmitglieder einer Anhörung zu. Die wird am 09. November als Sondersitzung des Verfassungsausschusses stattfinden.
Etwas irritiert mich an der gestrigen Zusammenkunft: Es hätte nämlich eine Wahlstift-Entscheidung herbeigeführt werden sollen, bevor die Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Braunschweig den Stift als Wahlgerät zugelassen hat – eine Minimalvoraussetzung, um dessen Einsatz bei den Bürgerschaftswahlen zuzustimmen. Allerdings lässt die Zulassung auf sich warten. Das wiederum scheint manche Mitglieder des Verfassungsausschusses unruhig und ungeduldig zu machen. Durch die CCC-Aktion darf ab sofort verstärkt über Zählalternativen nachgedacht werden.
Bisherige Beiträge zum Thema:
Wahlstift-Nachrichten 3
Wahlstift: Verfassungskonform?
Wahlstift-Nachrichten 2
Wahlstift-Nachrichten
Hamburger Wahlstift
Chaos Computer Club hackt Wahlstift
Am 24. Februar 2008 soll in Hamburg mit einem digitalen Wahlstift die neue Bürgerschaft gewählt werden. Der Chaos Computer Club teilt nun mit, dass es gelungen sei, den Hamburger Wahlstift zu kompromittieren:
Zitat aus der Erklärung des CCC:
„Obwohl der Chaos Computer Club vom Hamburger Wahlleiter kein komplettes System für eine Analyse erhalten hat, konnten anhand der verfügbaren Informationen und durch Untersuchung der Basistechnologie des Wahlstifts, dem Anoto-Digitalstiftsystem, eine Reihe von schwerwiegenden prinzipiellen Mängeln identifiziert werden. Dabei wurde das grundlegende Problem computergestützter Wahlen – die mangelnde Überprüfbarkeit durch den Wähler – überdeutlich.
Der CCC hat zur beispielhaften Illustration der vielfältigen Angriffsmöglichkeiten gegen den Wahlstift für die Hamburger Bürgerschaft einen trojanischen Wahlstift entwickelt, der äußerlich nicht als solcher erkennbar ist. Solch ein Stift kann sowohl von Wählern als auch von an der Wahlvorbereitung und -durchführung beteiligten Personen unbemerkt ins Wahllokal mitgebracht und statt dem echten Wahlstift in die Auslesestation gesteckt werden. Der manipulierte Stift überträgt dann nicht nur digitale Stimmkreuze zum Auswertungscomputer, sondern agiert als ein sogenanntes Trojanisches Pferd zum Einschleusen von Schadsoftware. Sobald der Stift in die Auslesestation gesteckt wird, aktiviert sich ein Manipulationsprogramm, welches automatisch auf das Zielsystem übertragen und dort ohne Zutun des Bedieners ausgeführt wird. Das Programm kann nun problemlos Manipulationen auf dem Auswertungslaptop vornehmen, indem es z. B. die Position der digital gespeicherten Stimmkreuze verändert, das Endergebnis verfälscht, speichert und ausgibt.“
Damit dürfte der Wahlstift tot sein. Die Hamburgische Bürgerschaft wird sich gezwungen sehen, nach Alternativen zur Stimmerfassung zu suchen – oder zur Not mit der Hand auszuzählen.
Armut macht krank…
Um dieser wissenschaftlichen Binsenweisheit einmal gebührende Aufmerksamkeit zu schenken, veröffentlichten Anfang der Woche mehr als 230 wissenschaftliche Zeitschriften (z.B. Dt. Ärzteblatt, JAMA, The Academy of Sciences for the Developing World Newsletter) in einer „Global Theme Issue on Poverty and Human Development“ über 750 Fachaufsätze zu Armut und menschlicher Entwicklung.
Im Zentrum stehen dabei die gesundheitlichen Auswirkungen von Phänomenen wie bspw. Fehlernährung, mangelnder Hygiene oder Bildungsmangel, die eng an Armut gekoppelt sind.
Die Projektleitung hat das „Kollegium der Wissenschaftsredakteure„. Auf dessen Seiten findet sich eine Liste aller themenbezogenen Veröffentlichungen.
Steinbeißerfilet, mariniert
Für dieses Rezept braucht es folgende Zutaten (für vier Personen):
900 gr Steinbeißerfilet, 200 gr Zuckerschoten, 1 Stange Bambus (eingelegt), 10-12 getrocknete Mu’er-Pilze (alternativ: Shitake), Basmati-Reis
1 Flasche süß-scharfe Chilli-Soße, 1 Tl Sesamöl, 6 Knoblauchzehen, 10 gr Ingwer, 4 Spritzer Fischsoße, 2 El Sojasoße, 1 El Stärke, 1 Stange Zitronengras, 1 Bund frischen Koriander
Vorbereitung: Vorab die Mu’er-Pilze drei Stunden lang in Wasser einweichen. Wer weniger Zeit hat, weicht sie kürzer ein und kocht sie 15 Minuten lang auf bzw. so lange, bis sie erkennbar weich sind.
Dann den Fisch in größere Würfel (1,5×1,5 cm) teilen und marinieren – mit der Hälfte von Knoblauch und Ingwer, mit Sesamöl, Stärke, Fischsoße und der ersten Hälfte der Chillisoße. Der Fischwürfel sind fest genug, um ihn in dem Sud ein paar mal zu wenden.
Während der marinierte Fisch in einer Schüssel Aroma aufsaugt, Bambus und Pilze zerkleinern, die Enden der Zuckerschoten entfernen. Den Koriander klein häckseln.
Den Basmati-Reis (auf dem E-Herd) kochen: Kurz spülen, dann 1,5-fache Menge Wasser in den Topf, einen Tropfen Öl, salzen, ohne Deckel kochen, zwischendurch umrühren, nach 5 Minuten Kochen abschalten, Deckel drauf, auf der Platte stehen lassen. Das restliche Wasser verdampft. Fertig.)
Als nächsten Schritt etwas Öl in eine Pfanne geben und den Fisch ein paar Minuten dünsten (mit Deckel). Den fertigen Fisch wieder zurück in die Schüssel verfrachten. Schließlich wieder etwas Öl in der Pfanne erhitzen und den restlichen Ingwer/Knoblauch, etwas Sojasoße sowie das Zitronengras (den inneren, weißen Teil, in drei, vier gleich große Teile zerlegt) hinzu tun. Nach ein, zwei Minuten das Gemüse beigeben und die restliche Chillisoße. All das einige Minuten bedeckelt simmern lassen.
Ist das Gemüse fertig (noch bissfest!), den Fisch unterheben – und servieren. Dazu den Koriander auf den Tisch stellen – und den Reis.
Guten Appetit.
Kind und Zähne putzen, update 2
Ich habe meine Verzweiflung über die kindliche Zahnputzverweigerung beschrieben, ein Zahnputz-Lied gedichtet – und zunächst gedacht, dass damit alles besser wird. Vergeblich, wie die wütenden Verweigerungen in den Tagen danach zeigten.
Seit kurzem nun besitzen wir ein Buch: „Benni Bär lernt Zähne putzen“. Jetzt gucken wir gemeinsam das Buch an, während ich dem Kind die Zahnbürste führe. Erst verteile ich die Zahnpasta auf seinen Zähnen Dann übernimmt das Kind – und bürstet selbst. Zum Abschluss putze ich noch einmal nach. Dabei schwillt allerdings der Unmut wieder an…
Ich kopple also seine Leidenschaft, Bücher anzugucken an die Abneigung, Zähne geputzt zu bekommen. Seitdem entspannt sich die Lage. Das Kind braucht sich nicht mehr ausgeliefert zu fühlen – und ich habe kein schlechtes Gewissen mehr, was ich dem Kind antue.
Mangel auf Kuba bessert die Gesundheit
Einen sehr interessanten Aufsatz zum Zusammenhang von Wirtschaftskrise und Gesundheitsstatus veröffentlichte vor kurzem das American Journal of Epidemiology: Impact of Energy Intake, Physical Activity, and Population-wide Weight Loss on Cardiovascular Disease and Diabetes Mortality in Cuba, 1980–2005.
Im Zuge der Wirtschaftskrise (1989-2000) nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion reduzierte sich die Kalorienaufnahme der kubanischen Bevölkerung. Weil das Öl knapp wurd, nahm gleichzeitig die körperliche Aktivität zu. Das führte im zweiten Teil der 1990er Jahre zu einer deutlichen Reduzierung des Körpergewichts. Die Diabetes-Sterblichkeit verringerte sich dramatisch – und auch die Sterblichkeitsziffern für Herzerkrankungen und Schlaganfall veränderten sich positiv.
Die Ergebnisse zeigen, dass eine Reduktion der Energiezufuhr gesundheitsrelevante Effekte hat. Zwar verzichteten die Kubaner nicht freiwillig auf die Kalorien, und auch die vermehrte körperliche Aktivität (Fahrrad fahren, Gehen) wurde ihnen abgenötigt. Dennoch wird dadurch sichtbar, welche langfristigen Effekte präventive Maßnahmen haben.
Niemand sollte allerdings die falschen Schlüsse ziehen und nun eine Beschränkung der verfügbaren Kalorienmengen fordern, um das Risiko für Herzerkrankungen und Diabetes positiv zu beeinflussen. Die Zwangskrise einer ganzen Volkswirtschaft führt zu einer Reduktion der Energiezufuhr in allen Bevölkerungsteilen, also auch bei jenen, die möglicherweise sowieso schon mangelernährt sind. Das Risiko für Kinder und Alte wächst, unter dem Mangel zu leiden. Die Studie weist das für die Alten nach. Deren Gesamtsterblichkeit ging im untersuchten Zeitraum leicht in die Höhe.
Gleichwohl stellt sich die Frage, wie sinnvoll bevölkerungsbezogene Präventionskampagnen unter Freiwilligkeitsbedingungen sind. Alle wissen, was Sie tun müssten, aber es gibt keine Möglichkeiten, die Verhaltensänderungen zu erzwingen. Zumal die Studie ein weiteres Ergebnis liefert: Ab dem Jahr 2000 bessert sich die kubanische Wirtschaftslage – und die Diabetes- und Herzkreislauf-Sterberaten steigen wieder.