Chaos Computer Club analysiert staatlichen Trojaner

Es freut mich, Mitglied in einem Club zu sein, der sich so intensiv dem Quellen-Studium widmet. Aus wissenschaftlicher und aus datenschutzrechtlicher Sicht: Prädikat außerordentlich wertvoll!

Hier die offizielle Mitteilung des Clubs zum Nachvollziehen.

Das Thema beschäftigt mich schon einige Jahre. Da war das Urteil des Bundesgerichtshofes, der festgestellt hat, die Strafprozessordnung erlaube es nicht, dass die Ermittlungsbehörden heimlich übers Internet private Computer durchsuchen: Meine Festplatte gehört mir! Ein paar Tage später beschwerte sich der damalige Innenminister Schäuble über die massive Kritik an der Online-Durchsuchung – wohingegen der CCC schon damals (Mitte 2007) nicht davon ausging, dass es sich bei Bundesinnenministerium um eine Behörde handelt, die in der Lage ist, sicherheitsrelevante Software unfallfrei zu betreiben resp. überhaupt auf den eigenen Regierungsrechnern zu erkennen, da sie ja die China-Trojaner im Bundeskanzleramt nicht hat verhindern können.

Überwachen, Daten sammeln, Ausspähen – die neue Wissenskultur

Meine Erregungskurve über die Informationsbeschaffung á la Telekom bleibt eher flach. Was soll ich mich auch aufregen, wenn doch Lidl und andere Einzelhandelsketten sogar Kameras nicht nur auf Kunden, sondern auch auf die eigenen Mitarbeiter richten?

Was soll mich noch aufregen, wenn der Staat selber Daten auf Vorrat speichert bzw. speichern lässt, nur weil sie vielleicht zukünftig einmal nützlich werden könnten.

Was soll ich mich aufregen, wenn die Verletzung der Privatsphäre so weit gediehen ist, dass mein Staat mich zwingt, eine biometrische Eigenschaft wie meinen Fingerabdruck in den Reisepass aufzunehmen?

Was soll mich aufregen, wenn selbst meine Nachbarin ihre Nachbarschaftsstreitigkeiten mit einer Überwachungsmaßnahme im öffentlichen Raum klärt: Flink eine Kamera in unserem Treppenhaus installiert, dann – angeblich mit Duldung der Polizei und deren Rat – unsere Briefkästen beobachten, um einen Verdacht gegen eine andere Nachbarin mit einem in-flagranti-Video zu belegen.

Wenn es also in diesen Tagen in dieser Republik möglich ist, einen informationellen Vorteil gegenüber einem Dritten zu erlangen, wird kaum eine Maßnahme gescheut, diesen Vorteil auch zu erlangen – egal ob es sich beim Vorteilsnehmer um den Staat, ein Unternehmen oder den einzelnen Bürger handelt. Die Techniken (kleine, überschaubare Hardware oder auch Data-Mining-Software, die Hundertausende von Datensätzen abgleichen kann) stehen zur Verfügung. Also werden sie genutzt.

Kein Grund also, sich nun staatstragend ausgerechnet über die Telekom aufzuregen.

PS.: Wen es interessiert, kann sich meine Stasi-Akte anschauen! Vielleicht trägt die DDR-Erfahrung ja auch dazu bei, dass die Erregungskurve nicht allzusehr in die Höhe schießt.