Teil 1: Neid und Konkurrenz bei Paaren
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Liebesbeziehungen bringen unsere guten und unsere schlechten Seiten zum Schwingen – ob wir wollen oder nicht. Anfänglich bemühen wir uns, nur unsere Schokoladenseite zu zeigen. Wir sind charmant, verführerisch, aufmerksam und zuvorkommend. Wir bewundern am anderen Schönheit, Klugheit, Liebreiz, Talente, Können oder beruflichen Erfolg, Lebensfreude und Genussfähigkeit. Sind wir verliebt, bekommen wir glänzende Augen, wenn wir unserem Partner begegnen – und umgekehrt. Beide versuchen wir, unsere Schwächen als möglichst unbedeutend darzustellen und lange einen positiven Eindruck zu hinterlassen.
Doch auf Dauer bleibt es nicht aus, dass wir uns auch einmal daneben benehmen, den anderen verletzen, von unserer eigenen Vergangenheit oder der des Partners eingeholt werden. Beide bringen wir nämlich unsere prall gefüllten sozialen Rucksäcke mit hinein in unsere Partnerschaft: Die Nähe zu einem Menschen, dem wir uns öffnen, dem wir Einblick in unser Innenleben gewähren, setzt Gefühle und Erinnerungen frei, die sich oft nicht mehr steuern lassen. Uns schießen Bilder vergangener Beziehungen durch den Kopf. Wir erinnern uns, was uns gefallen und was uns missfallen hat. Die alten Beziehungen fließen als subtile Maßstäbe in die Erwartungen an die neue Partnerschaft ein: Das, was gut war, wollen wir aktuell möglichst wiederholen. Das, was schlecht war, wollen wir aktuell möglichst vermeiden.
Leider handelt es sich dabei sehr häufig nicht um einen Prozess, dem wir uns aktiv stellen. Vielmehr scheinen die Dinge mit uns zu geschehen: Plötzlich wiederholen sich Situationen, in die wir geraten. Uns irritieren dieselben Komplimente, die wir bereits aus anderen Beziehungen kennen. Alte Erinnerungen kommen uns in die Quere. Wir fühlen uns geliebt wie früher. Oder wir fühlen uns abgelehnt wie früher. Wir sehen in unserem Partner plötzlich Züge des eigenen Vaters oder der eigenen Mutter. Die Nähe zu einem anderen Menschen sorgt auch dafür, dass Ängste vor Verlust, vor Nähe, vor Selbstaufgabe uns beschäftigen und manchmal auch belasten.