Exkurs: Neid und Eifersucht – nahe Verwandte

Teil 1: Neid und Konkurrenz bei Paaren

Tipps: Dem Neid mit Gelassenheit begegnen
Tipps: Mehr Gelassenheit mit Wünschen und Bedürfnissen
Exkurs: Neid im Tierreich – Ein Versuch mit Kapuziner-Affen von Frans de Waal
Teil 19: Anlässe für Neid in Liebesbeziehungen
Teil 20: Beinflussbare und nicht-beeinflussbare Neidanlässe

Um die psychologischen Grundlagen des Neids zu bestimmen, ist es auch notwendig, über Eifersucht zu sprechen. Neid und Eifersucht sind Gefühls-Geschwister, die sich in ihrer Leidenschaftlichkeit nichts nehmen. Zudem treten sie häufig Arm in Arm innerhalb derselben Konfliktlage auf.

Eine klassische Umbruchsituation innerhalb einer Liebesbeziehung ist die Geburt eines Kindes. Die Mutter stillt, ist dem Kind näher, verbringt mehr Zeit mit ihm, das Kind lässt sich eher von ihr beruhigen. Währenddessen entwickelt der Vater eventuell neidische Gefühle auf das Baby. Gleichzeitig spürt der Vater womöglich auch Eifersucht: Das Kind entzieht ihm die Frau, nimmt deren Aufmerksamkeit fast komplett in Anspruch und besetzt zudem mit der Brust eine Körperregion, die für ihn von erotischer Symbolkraft ist.

Die emotionalen Aufwallungen ereignen sich mit einer gewissen Zwangsläufigkeit. Es gibt kaum Väter, die zwischendurch nicht einmal eifersüchtig auf ihre Kinder wären und neidisch auf die Mütter. Die Gefühle sind normal, denn aus der Zweierkonstellation entsteht plötzlich eine Dreierbeziehung, in der sich alle neu positionieren müssen. Basiert die Beziehung zwischen Vater und Mutter auf einem stabilen Fundament, so sind sowohl die neidischen als auch die eifersüchtigen Anwandlungen nur von vorübergehender Natur.

Das Beispiel illustriert, wie sich Eifersucht ganz pragmatisch von Neid abgrenzen lässt: Zum Neid gehören zwei. Zur Eifersucht gehören drei. Der auf die Mutter neidische Vater sehnt sich danach, sein Kind genauso versorgen zu können wie die Mutter, um damit ein ähnliches intensives Verhältnis zu ihm zu bekommen. Der eifersüchtige Mann im Vater ereifert sich über den „Verlust“ der Frau an das Kind. Eifersüchtig sucht er seinen „Besitz“, die exklusive Beziehung zu seiner Geliebten, zu verteidigen. Ohnmächtig muss er allerdings sehen, wie unmöglich das zunächst ist – und wie bedrohlich ihm die Ungewissheit erscheint, ob er seine Frau jemals zurückgewinnen wird. Während Eifersucht also eher Angst davor offenbart, etwas zu verlieren, weist uns der Neid auf die Dinge hin, nach denen wir uns sehnen.

Viele Autoren weisen darauf hin, wie leicht im Alltagsgebrauch die Grenzen zwischen Neid und Eifersucht verschwimmen. Allerdings kann dabei nur Eifersucht für Neid stehen, Neid nicht umgekehrt für Eifersucht. Die Abgrenzung zwischen beiden Phänomenen ist uns also im alltäglichen Gebrauch durchaus bekannt. Der Einsatz des einen Begriffs für den anderen dient deswegen einem bestimmten Ziel.

Die Eifersucht übernimmt häufig die Rolle, stellvertretend für den Neid die heftig aufwallenden Gefühle begründen zu müssen. Außerdem erlaubt das Wort Eifersucht, ein Ventil zu öffnen, das wir im Namen des Neids nicht öffnen dürften. Es ist gesellschaftlich eher erlaubt, dass „jemandem die Pferde durchgehen“, weil er eifersüchtig zu sein vorgibt. Weitaus weniger tolerant reagiert die Öffentlichkeit indes, wenn sich derselbe Mensch auf seinen Neid beruft, um zu begründen, warum er außer Kontrolle geraten ist.

Neid gilt als unschicklich, während der Eifersüchtige durchaus auf Verständnis durch seine Umwelt rechnen darf. Obwohl es sich dabei um eine nicht minder eruptive Leidenschaft handelt, erfährt die Eifersucht weniger gesellschaftliche Ablehnung als der Neid. Insbesondere in so genannten „Eifersuchtsdramen“, über welche die Boulevardpresse gern informiert, dient die Eifersucht häufig als eine Art Tarn-Emotion, um das böse N-Wort nicht in den Mittelpunkt zu rücken.

Wie in der Liebesbeziehung erzeugt die Bedrohung durch Neid und Neider also scheinbar auch im öffentlichen Raum Berührungsängste, so dass der Neid selbst nicht direkt thematisiert wird.

Teil 21: Wie kommt der Neid in die Liebesbeziehung?
Teil 22: Die neue Konkurrenz zwischen den Geschlechtern
Teil 23: So haben sich Liebesbeziehungen gewandelt
Teil 24: Frauen haben ein neues Rollenverständnis in der Liebesbeziehung

Neid in Partnerschaften – Literaturangaben