Impfung gegen HPV gefährlich?

Bisher war die von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlene Schutzimpfung für 12 – 17jährige Mädchen gegen Humane Papillomaviren (HPV) zur Vorbeugung von Gebärmutterhalskrebs umstritten: Die Impfung ist teuer, die Zulassung wurde mit zweifelhaften, weil vorläufigen Zahlen erschlichen, ihre Langzeitwirksamkeit (Zwei Drittel aller Fälle von Gebärmutterhalskrebs ereignen sich ab dem 60. Lebensjahr) ist völlig unbekannt. Die Verflechtungen zwischen Industrie und STIKO sind bekannt: Industrie impft STIKO

Nun gibt es erste Berichte, dass die Impfung eventuell sogar riskant sein könnte: Das Paul-Ehrlich-Institut diskutiert den Fall eines möglichen Impfschadens in Deutschland (und wiegelt erst einmal ab). Verschiedene Weblogs (Lob der Krankheit, Stationäre Aufnahme, Plazeboalarm) beziehen sich auf Meldungen der österreichischen Presse und die Stellungnahme des Paul-Ehrlich-Instituts und schreiben über zwei womöglich impfnahe Todesfälle und mehrere impfassoziierte unerwünschte Arzneimittelwirkungen.

In der Debatte wiegelt die Europäischen Zulassungsbehörde EMEA (noch) ab. Doch der Arzneimittelforscher Gerd Glaeske wirft den Wirkstoffherstellern vor, bei der Markteinführung Druck ausgeübt zu haben. Der Impfgutachter Klaus Hartmann schließlich kritisiert das Design der Zulassungsstudien: „Allerdings wurde hier keine neutrale Wasserlösung als Placebo verwendet, sondern ein Gemisch der Inhaltsstoffe der Impfung, unter anderem die erwiesen problematischen Aluminiumsalze.“ Das führt zu einer Unterschätzung des Nebenwirkungsrisikos. Ausführlich ist das Interview hier zu lesen.

So verdichten sich die Indizien, junge, gesunde Mädchen gingen ein Risiko ein, wenn sie diese vorbeugende Impfung von zweifelhaftem Nutzen in Anspruch nehmen – auch wenn die Kontrollbehörden weiterhin den Nutzen höher bewerten als den möglichen Schaden.

Hausarzt-Harakiri?

Die bayerischen Hausärzte haben sich gestern in Nürnberg getroffen, um einen Ausstieg aus dem KV-System zu beraten. Wolfgang Hoppenthaler, Vorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbandes bewertet die Veranstaltung als vollen Erfolg.

Der Konflikt, in erster Linie mit der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB), schwelt schon lange und eskalierte im Sommer letzten Jahres in seine heiße Phase. Die Hausärzte sehen sich am Gängelband der KVB, wollen besser bezahlt werden (was sonst!) und protestieren gegen die immer mieseren Arbeitsbedingungen mit immer höherem Dokumentationsaufwand und Beschneidungen ihrer therapeutischen Freiheit. Sie fürchten zudem um die Gewährleistung der flächendeckenden Versorgung, wenn nicht mehr genügend Ärzte bereit sind, den Job des Allgemeinarztes im ländlichen Raum zu übernehmen.

Allerdings ist völlig unklar, ob sich die Hausärzte nicht selber ins Knie schießen, wenn sie ihre Zulassungen kollektiv zurück geben. Ist doch in § 95b Absatz 1 des 5. Sozialgesetzbuches zu lesen: „Mit den Pflichten eines Vertragsarztes ist es nicht vereinbar, in einem mit anderen Ärzten aufeinander abgestimmten Verfahren oder Verhalten auf die Zulassung als Vertragsarzt zu verzichten.“ Das nun wäre exakt hier der Fall.

Doch wie das deutsche Sozialrecht gestrickt ist, verbietet es den Ärzten zwar kollektiv auszusteigen, hält aber auch eine Lösung vor, wenn sie es dennoch tun: Dann dürfen die Ärzte nach § 95b Absatz 3 das „1,0fache des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)“ mit der Krankenkasse abrechnen. Und darauf spekulieren die Mediziner selbstverständlich.

Dem steht jedoch ein spektakuläres Urteil des Bundessozialgerichtes (BSG) vom letzten Jahr entgegen, über das ich schon berichtet habe: GKV-Aussteiger ohne Kostenerstattung. In diesem Verfahren ließ es das BSG eben nicht zu, dass die Zahnärzte, die kollektiv aus dem KZV-System ausgestiegen waren, ihre Kosten zum einfachen GOÄ-Satz mit den Krankenkassen abrechnen konnten.

Inwieweit das den bayerischen Hausärzten erlaubt sein wird, ist gegenwärtig völlig unklar – und wird sicher die Sozialgerichte beschäftigen. Vielleicht stehen die Allgemeinmediziner am Ende ziemlich dumm da, wenn sie freiwillig aus dem System austreten und einfach andere Kollegen ihren Job übernehmen: Ärzte aus Tschechien, Ärzte aus anderen Bundesländern und anderen Fachgebieten…

Forschungszentrum für Demenz und Parkinson

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung plant ein „Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen“. Es soll innerhalb der Helmholtz-Gemeinschaft entstehen. Die Forschung zu Erkrankungen wie Demenz und Parkinson soll in einem neuen Helmholtz-Zentrum gebündelt werden.

Zu den Aufgaben ein Zitat aus der Pressemitteilung: „Schwerpunkte sind die Erforschung von Krankheitsursachen, Möglichkeiten der Prävention und Früherkennung, die Entwicklung wirksamer Therapien und die besten Formen der Pflege und Versorgung.“ 50 bis 60 Millionen Euro sollen jährlich zusätzlich dafür bereit gestellt werden.

Umweltzonen und Feinstaub

Über den Unsinn, in Innenstädten Umweltzonen einzurichten, berichtete heute das ARD-Magazin FAKT: Feinstaubhysterie in Deutschland. Nicht hauptsächlich die Abgase der Autos sind für die Mikroteilchen verantwortlich, sondern die Wetterlage (Inversion) und die Sonneneinstrahlung.

Viele Grüße an alle, die jetzt die Innenstadtmaut zu entrichten haben. Ich spare schon mal für die Atemholsteuer.

Hausarztversammlung empfiehlt GKV-Ausstieg

95% der Delegierten einer Versammlung des Bayerischen Hausärzteverbandes haben den 8000 niedergelassenen Hausärzten in Bayern empfohlen, das System der Gesetzlichen Krankenversicherung zu verlassen und ihre Zulassungen zurückzugeben.

Bereits im vergangenen Sommer kündigte sich ein solcher Schritt an. Nun wird der Verband konkret – und beruft zum 30.01.08 eine Generalversammlung nach Nürnberg ein. Dann sollen die Mitglieder kollektiv ihren Austritt aus der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) erklären.

Gesundheitsfonds

Was verbirgt sich eigentlich hinter dem öminösen Gesundheitsfonds über den dieser Tage wieder so heftig debattiert wird? (Quelle: GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (pdf))

  • Die Krankenversicherungsbeiträge (Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil) und ein geringer staatlicher Anteil werden in einen großen Gesundheits-Topf geschüttet.
  • Das Bundesversicherungsamt (BVA) verwaltet den Fonds als Sondervermögen.
  • Daraus erfolgt die Zuweisung einer Grundpauschale pro Versichertem sowie von alters-, geschlechts- und krankheitsadjustierten Zu- und Abschlägen an die Krankenkassen.
  • Mit den Zuweisungen werden die standardisierten Leistungsausgaben (Regelversorgungskatalog laut GBA) abgegolten.
  • Der Fonds muss Liquiditäts- bzw. Schwankungsreserve bilden. Reicht die nicht aus: Bund gibt zinsloses Darlehen.
  • Ist Zuweisung durch den Fonds nicht ausreichend, kann die Kasse individuellen Zusatzbeitrag erheben (entweder 1% vom Brutto oder €8).
  • Schätzerkreis beim BVA legt erstmals zum 01.11.2008 den Beitragssatz für alle GKV-Versicherten fest.

Der Fonds ist ein Hybridwesen der Großkoalition: Vorne kommt die Bürgerversicherung rein, hinten kommt die Kopfpauschale wieder raus. SPD und CDU haben sich darauf verständigt, weil damit je nach Wahlausgang 2009 beide Parteien weiter an den eigenen Modellen basteln können.

Der Fonds wird der gesundheitspolitische Dauerbrenner im Vorwahljahr 2008.

Steigen die Kassenbeiträge?

Selbstverständlich steigen die Kassenbeiträge!

Unklar ist allerdings, in welche Höhen Sie Ende 2008 steigen, um dann in den Gesundheitsfonds zu fließen. Das Institut für Gesundheitsökonomik im München (pdf) errechnete für die arbeitgebernahe Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft einen Beitragssatz von 15,5%. Herr Lauterbach und seine Experten sehen den Beitrag zwischen 15 und 15,4%. Kommt der Fonds, wie er im GKV-WSG von SPD und CDU vereinbart wurde, werden die Kosten für viele Versicherte und deren Arbeitgeber wachsen.

Und warum ist das so?

Im Herbst 2008 wird der Finanzbedarf der GKV frisch eingeschätzt. Ein Schätzerkreis im Bundesversicherungsamt legt dann den Beitragssatz für alle Krankenkassen einheitlich fest. Der Bedarf des Fonds sollte zumindest auf ein, zwei Jahre abgedeckt sein. Medizinischer Fortschritt und eine bessere Vergütung der Ärzte fordern Anpassungen des Bedarfs nach oben. Der einheitliche Beitragssatz wird im Herbst 2008 also höher ausfallen als der durchschnittliche Beitragssatz heute. Insbesondere Versicherte der gegenwärtig eher preiswerten Betriebskrankenkassen (BKK) müssen sich auf deutlich erhöhte Beiträge gefasst machen.

Kinder, Krebs und Kernkraft

Mein Kollege am Institut für Allgemeinmedizin, Hans-Hermann Dubben, hat die Studie zum kindlichen Leukämierisiko im Umfeld von Atomkraftwerken kritisiert und deren Aussagekraft angezweifelt. Er schaute sich die veröffentlichten Daten an und findet: „Laut Studie leben die Kranken im Schnitt 20,8 Kilometer vom Kraftwerk entfernt, die Gesunden leben nur 300 Meter weiter, nämlich 21,1 Kilometer. 300 Meter, die über Krebs entscheiden sollen? Das erscheint absurd.

Ein weiteres Ergebnis maximiert die Absurdität: Die Leukämierate ist auch rund um geplante Atom-Standorte erhöht, an denen die Anlagen niemals gebaut wurden.

Wer hat sonst noch Fragen an die Wissenschaft?

IQWiG-Chef Sawicki offensiv

IQWiG-Chef Peter Sawicki geht in die Offensive. Mit Vorwürfen konfrontiert, sein Institut vergebe Aufträge an ein Institut, das seine Frau leitet, geht Sawicki heute im stern.de-Interview in die Offensive: Er räumt gegenüber dem STERN ein, dass das DIeM Unteraufträge des IQWiG bearbeitet hat, sieht aber „im Hinblick auf die Vergabeverfahren des IQWiG keinerlei Unregelmäßigkeiten“ und bestreitet, gegen Beschlüsse des Vorstandes verstoßen zu haben.

Zerknirscht muß er jedoch einräumen: „Auch wenn es formell korrekt war, war es vielleicht nicht richtig, weil man sich angreifbar macht.“

Genau das macht die Angelegenheit so delikat und unverständlich zugleich. Sawicki musste wissen, dass er seine Kritiker und allen, die es auf ihn und das Institut abgesehen haben, mit Argumenten munitioniert, wenn er selber mit Klüngel in Verbindung gebracht werden würde. Das ist leider jetzt geschehen – und wohl kaum mehr reparabel, ob das Verhalten formell korrekt war oder nicht.

Schade.

Telefonieren mit 90

Ich habe heute einen geistig sehr regen und insgesamt sehr selbständigen Patienten (90) besucht und ihn u.a. gefragt: „Telefonieren, das funktioniert doch bei Ihnen sicherlich problemlos, oder?“ Ich hätte ahnen können, dass meine Frage unsinnig ist, weil in diesem Alter die meisten Verhaltensabläufe kaum noch problemlos zu bewältigen sind. Ich handelte mir eine Lektion ein…

„Na, Sie junger Mann mit Ihrem Schwarz-weiß-Denken. Problemlos… Soll ich Ihnen sagen, wie es geht? Zuerst muss ich mich aus meinem Sessel herauswuchten. Dann muss ich den Schwindel abwarten, der mich nach dem Aufstehen überkommt. Ich gehe um den Tisch, halte mich dabei an jeder Stuhllehne fest. Ich nehme wegen der Rückkopplung das Hörgerät ab, das in den Brillenbügel eingearbeitet ist. Ich sehe also auch nichts mehr, wenn ich telefoniere. Sagt dann jemand am Telefon, ich solle mir doch mal schnell – schnell! – etwas aufschreiben, fange ich an, nach der Brille zu suchen, dann den Zettel, den Stift usw. Sie sehen also, ich kann telefonieren, aber mit allen Problemen, die damit verbunden sein können.“