Positive Beschlussempfehlung: Gemeinsamer Bundesausschuss zum Gesundheitskiosk Billstedt/Horn

Es gibt nun endlich eine Stellungnahme und einen Beschliuss des G-BA zum Innovationsfondsprojekt Gesundheitskiosk Billstedt/Horn.

https://innovationsfonds.g-ba.de/downloads/beschluss-dokumente/138/2022-02-16_INVEST_Billstedt.Horn.pdf

Der Beschlusstext des G-BA liest sich verhalten, lässt aber dennoch hoffen, dass die Kostenträger (Gesetzliche Krankenversicherungen) sich einen Ruck geben und diese wohnortnahen Versorgungsangebote in deprivierten großstädtischen Regionen zukünftig unterstützen werden.

Im Beschlusstext ist viel von prüfen, bitten und empfehlen die Rede. Am Ende ist die Stellungnahme aber dennoch wohlwollend genug ausgefallen, um das Format mit Kostenträgern und Kommunen weiterentwickeln zu können.

Unter dem Link zur G-BA Seite sind auch der Evaluations- und der Abschlussbericht einsehbar.

https://innovationsfonds.g-ba.de/beschluesse/invest-billstedt-horn-hamburg-billstedt-horn-als-prototyp-fuer-eine-integrierte-gesundheitliche-vollversorgung-in-deprivierten-grossstaedtischen-regionen.59

Zwar haben sich die meisten Patient:innen-relevanten Outcomes und Indikatoren als eher unverändert erwiesen, was aber womöglich a) dem insgesamt sehr kurzen Evaluationszeitraum und b) der beginnenden Pandemie im Evaluationsjahr 2020 geschuldet ist. Die Arbeitsbelastung der beteiligten Ärzt:innen ist nicht gesunken, und deren Arbeitszufriedenheit ist nicht gestiegen. Dennoch nun diese positive Stellungnahme.

Es gibt ein Reihe von anderen Aspekten, die hier wohl den Ausschlag geben. So war die Aufnahme in den Stadtteilen Billstedt, Horn und Mümmelmannsberg sehr positiv. Von der Bevölkerung und den Betroffenen wurde das Projekt stark getragen. Zudem hat sich die Vernetzungsarbeit im Stadtteil ebenfalls als sehr wertvoll erwiesen. Diese wichtige Komponente zielte u.a. darauf ab, im sozialen Hilfesystem auf keinen Fall doppelte Strukturen entstehen zu lassen und enge Kooperationsstrukturen aufzubauen.

Zukunft der hausärztlichen Versorgung

In den kommenden 10 bis 15 Jahren wird ca. die Hälfte der niedergelassenen Hausärztinnen und -ärzte aus Altersgründen ihre Kassenzulassung zur Versorgung von Patienten der Gesetzlichen Krankenversicherung zurückgeben. Diese große Zahl ist durch die AbsolventInnen, die sich gegenwärtig für eine Weiterbildung im Fach Allgemeinmedizin entscheiden, nicht zu kompensieren. Gleichzeitig wächst der Behandlungsbedarf der Bevölkerung dadurch, dass es immer mehr Ältere gibt, die länger leben und oft an behandelbaren bzw. stabil zu haltenden Erkrankungen leiden.

Vor dieses Problem gestellt, sind verschiedene Organe der Selbstverwaltung (Ärztekammern, Kassenärztliche Vereinigungen, Krankenkassen) mit Maßnahmen beschäftigt, wie die hausärztliche Versorgung der Zukunft zu sichern sei. Davon wird hier zu reden sein.

Der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD vom 27.11.2013 bekennt sich zur weiteren Stärkung der hausärztlichen Versorgung. Auch das Jahresgutachten 2014 des Sachverständigenrates im Gesundheitswesen enthält entsprechende Empfehlungen. Ebenso erneuert die 87. Gesundheitsministerkonferenz der Länder (GMK 2014) ihre Forderung, im Ausbildungsgang Humanmedizin die Allgemeinmedizin noch stärker als bisher einzubeziehen. Auch davon wird weiter unten die Rede sein.

Dieser Beitrag fasst zusammen, welche Maßnahmen und Strategien in den vergangenen Jahren in Deutschland aufgegriffen wurden, um dem beschriebenen Problem entgegenzuwirken. Betrachtet werden die Entwicklungen anhand ausgewählter Thesen der 81. Gesundheitsministerkonferenz (GMK 2008), die am 03.07.2008 verabschiedet wurden. Sie sind im „Konzept der Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesgesundheitsbehörden zur Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung in Deutschland – Die Primärversorgung in Deutschland im Jahr 2020“ nachzulesen.

Auszug aus:
Zimmermann T, Scherer M (2014). Zukunft der hausärztlichen Versorgung. In: Korczak D. (Hg.) Visionen statt Illusionen – Wie wollen wir leben? Asanger Verlag Kröning, 149-170.
Der vollständige Text ist im Sammelband „Visionen statt Illusionen“ (Asanger-Verlag) nachzulesen.

Wenn die Kassenärztin Kasse macht

Immer wieder kommt es vor, dass niedergelassene ÄrztInnen ihre PatientInnen dazu drängen, eine Leistung in Anspruch zu nehmen, für die dann eine Privatrechnung ausgestellt wird.

Da sind zum einen individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL), gerne angeboten von UrologInnen (PSA-Test zur Früherkennung von Prostata-Krebs bei beschwerde-freien Männern mittleren Alters), AugenärztInnen (Augeninnendruck-Messung zur Früherkennung des Grünen Stars). Auch ein 3D-Farbfoto des Embryos im Bauch der werdenden Mutter ist eine solche Leistung – im Angebot in Frauenarzt-Praxen.

Ärztliche Waren dieser Art können angeboten werden. PatientInnen zahlen ja auch für Reiki-Heiler, HeilpraktikerInnen oder OsteopathInnen.

Nur ließe sich von einer funktionierenden, weil vertrauensvollen Arzt-Patient-Beziehung erwarten, dass Sinn und Unsinn beim Namen genannt werden. Dann wüssten PatientInnen, dass diese Untersuchungen nicht ohne Grund so nicht im Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenkassen stehen: Hätten Männer Beschwerden bspw. beim Wasserlassen, wird der PSA-Test von der Kasse bezahlt. Doch warum sollte die Kasse bei Beschwerdefreiheit zahlen?

Der Augeninnendruck kann in Kombination mit anderen Untersuchungen (Sehnerv, Gesichtsfeld) ein sinnvoller diagnostischer Parameter sein. Aber für sich genommen ist die Messung nur Geldschneiderei. Schließlich: Die Krankenkassen zahlen das 2D-Schwarzweiß-Ultraschall-Foto des Embryos. Wer dennoch ein buntes Bildchen des Nachwuchses in 3D haben möchte, der möge es extra bezahlen, sagen die Kassen zurecht. Wer aber 3D bezahlt, ohne darüber aufgeklärt sein, dass es das 2D-Bild inklusive gibt, wird über den Tisch gezogen.

Genauso verhält es sich bei einer so genannten „Komfortsprechstunde“ oder auch „Selbstzahlersprechstunde“. Hier verticken KassenärztInnen ihre Zeit an GKV-PatientInnen für 40, 50 oder 60 Euro, denen sie zuvor gesagt haben, dass sie reguläre, kostenfreie Termine erst in sechs Wochen wieder anbieten können. Das mag am Budget und sämtlichen anderen Ungerechtigkeiten liegen, die das KV-System den ambulanten ÄrztInnen auferlegt. Dafür bei Kassen-PatientInnen zu kassieren, ist dreist. Schnellerer Zugang zum Arzt für Kohle – das ist Abzocke von Schutzbefohlenen.

Um zu wissen, woran wir bei alledem sind, lohnt es sich, ins Sozialgesetzbuch 5 zu schauen. Dort steht in § 128, Satz 5a: „Vertragsärzte, die unzulässige Zuwendungen fordern oder annehmen oder Versicherte zur Inanspruchnahme einer privatärztlichen Versorgung anstelle der ihnen zustehenden Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung beeinflussen, verstoßen gegen ihre vertragsärztlichen Pflichten.“

PolitikerInnen sollten diesen Geschäftsmodellen bald dicke Riegel vorschieben. PatientInnen sollten hellhörig werden, wenn ÄrztInnen etwas verkaufen wollen – und nicht sofort einem Geschäft zustimmen, in das sie mit süßer Stimme hineingelockt werden.

Gesundheitsausgaben in Deutschland 2008

Das Statistische Bundesamt hat Zahlen zu den Gesundheitsausgaben in Deutschland 2008 veröffentlicht. Demnach gaben wir im Referenzjahr rund 263 Milliarden Euro für Gesundheit aus, davon rund 131 Milliarden für die ambulante und rund 95 Milliarden für die stationäre Versorgung. Der Pro-Kopf-Anteil stieg von 3080 Euro im Jahre 2007 auf 3210 Euro.

Die Zahlen basieren auf „dem Konzept des „System of Health Accounts“, welches von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und dem Statistischen Amt der Europäischen Union (Eurostat) zum Zweck der internationalen Vergleichbarkeit von Gesundheitsausgaben empfohlen wird.“

Deswegen unterscheiden sich die Zahlen beispielsweise von denen, die der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung veröffentlicht. OECD-gemäß gehen „sämtliche Güter und Leistungen mit dem Ziel der Prävention, Behandlung, Rehabilitation und Pflege, die Kosten der Verwaltung sowie Investitionen der Einrichtungen des Gesundheitswesens“ in die Rechnung ein. „Forschung und Ausbildung im Gesundheitswesen, sowie Ausgaben für krankheitsbedingte Folgen (zum Beispiel Leistungen zur Eingliederungshilfe) und Einkommensleistungen, wie die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall werden nachrichtlich nachgewiesen.“

Essen mit Köpfchen

In der Debatte über die Ernährungsgewohnheiten des Volkes, Krankheitsprävention und Fettleibigkeit hat Werner Bartens für das SZ-Magazin eine Polemik verfasst, die mir aus dem Herzen spricht: Bewusst essen? Jetzt machen Sie sich mal nicht so einen Kopf!

Ich teile nicht jede der zehn Empfehlungen, kaufe bspw. gerne auch in Supermärkten ein (siehe 5.), gebe sie dennoch hier gerne weiter:

1. Essen Sie, was Ihnen Spass macht!
2. Vermeiden Sie Essen mit Nahrungszusätzen!
3. Misstrauen Sie Slogans wie „Schokolade macht glücklich“!
4. Vermeiden Sie Nahrungsmittel, die sich als sehr gesund anpreisen!
5. Kaufen Sie auf dem Markt ein statt im Supermarkt und kochen Sie selbst!
6. Halten Sie sich nicht an Diätpläne!
7. Zahlen Sie mehr, essen Sie weniger!
8. Essen Sie wie ein Allesfresser!
9. Essen Sie nie mit Leuten, die ständig übers Essen reden!
10. Ahmen Sie keine fremden Essgewohnheiten nach!