Alzheimer-Medikamente – Stand der Dinge

Die (öffentliche) Diskussion in Deutschland über die modernen Anti-Dementiva (Cholinesterase-Hemmer) begann mit einer Meldung im SPIEGEL im August 2004. Im Zuge unserer systematischen Übersichtsarbeit zur Wirksamkeit der Medikamente Donepezil, Rivastigmin und Galantamin gab ich zu Protokoll: „Ich würde die Medikamente meiner Oma nicht geben“, denn die Studien strotzen vor methodischen Mängeln, die nachgewiesenen Effekte sind klein und ihr klinischer Nutzen ist sehr umstritten.

Der Aufschrei bei Psychiatern, Gerontologen, der Alzheimer-Gesellschaft und industrie-finanzierten Lobby-Vereinen wie der Hirnliga e.V. war groß.

  • „Warum stürzen Sie sich gerade auf die Alzheimer? Diese Menschen kriegen sowieso schon so wenig!“
  • „Sie verunsichern die Patienten.“
  • „Bei den Kardiologen ist die Datenlage doch auch nicht anders!“
  • „Ein Schmarr’n.“

Als die Ergebnisse unserer Arbeit im British Medical Journal erschienen, verschärfte sich der Ton zunächst noch einmal: David G. Wilkinson, persönlich betroffen, weil wir eine seiner Galantamin-Studien kritisiert haben, verstieg sich zu diesen Sätzen:

„To paraphrase Oscar Wilde this kind of review panders to the cynics who know the price of everything but the value of nothing.[…] If this stance is also taken by the similar committee in Germany the Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) it will be a triumph for the English and German Generals and a complete betrayal of those suffering in the trenches yet again. The kind of irresponsible pseudoscience demonstrated in this paper only fuels this perverse zeitgeist.“

Inzwischen hat das IQWiG seinen Vorbericht veröffentlicht. Das Institut bewertet zwar die methodische Qualität der Studien ähnlich kritisch wie wir – es kommt aber am Ende zu einem deutlich freundlicheren Fazit. In unserer Stellungnahme zum Vorbericht haben wir darauf hingewiesen: Es ist ein Widerspruch, die Studien nach strengen Regeln methodisch zu bewerten, dann aber die Ergebnisse der methodischen Bewertung bei der Einschätzung der Wirksamkeit außen vor zu lassen.

Wir warten gespannt auf den Endbericht.