Datenspuren

Ich verweigere Kundenkarten jeglicher Art, stehe nicht im Telefonbuch und nehme nie an Gewinnspielen teil. Ich bin gegen Vorratsdatenspeicherung und gegen Online-Durchsuchungen meiner Festplatte. Ich lehne biometrische Pässe und Ausweispapiere ab und halte Wahlmaschinen für demokratie-gefährdend bzw. wie ein holländischer Sicherheitsexperte es nannte: „Eine Nicht-Lösung für ein nicht-existierendes Problem“.

Um nicht missverstanden zu werden: Ich trete hier nicht als IT-Verächter auf. Ja, ich vertraue sogar der Technik, die ich selber gebrauche (na ja, meistens). Aber ich vertraue den Leuten nicht, in deren Händen die große Verantwortung für die Großtechnik liegt. Die wirkmächtige, jedoch wenig durchdachte, wenig transparente Digitalisierung des Alltags (Überwachungskameras, Mautsystem, elektronische Patientenakte usw.) nervt. Hier paaren sich in den Köpfen der Entscheider rücksichtslose Fortschrittsgläubigkeit mit wahnhaften Kontrollbestrebungen.

Und trotzdem stelle ich täglich im Netz meine Gesinnung zur Schau… Ein Widerspruch?

Kaum. Warum sollte es mein Ziel sein, meine Datenspuren zu verwischen, wenn ich sie selber gestalten kann? Ich will ja gerade welche hinterlassen. Wenn schon Informationen von mir abgeschöpft werden, steht es mir frei, den Informationspool mit meinen Selbstsichten zu erweitern und zu bereichern. Hier allerdings speise/(schleuse?) ich Daten freiwillig in ein soziales Netzwerk. Dort zwingen mich die Großtechniken, Datenspuren in verschiedenen (intransparenten) Ablagesystemen zu hinterlassen. Ich als Zusammengesammelter jedenfalls ahne nicht, wer gerade was über mich durch welchen statistischen Wolf dreht – und welches Risikoprofil sich dabei entfaltet. Wobei ich natürlich hoffe, dass verhaltensaufällig und hochgefährlich herauskommt…

Ein Gedanke zu „Datenspuren

  1. Dabei gibt es ja einen relevanten Unterschied zwischen elektronischer Patientenakte und einem Weblog: Bei erster kann ich selbst entscheiden, wem meine Daten zugänglich gemacht werden – jedesmal aufs Neue. Bei einem Weblog ist nicht nachzuvollziehen, wer diese vielen Informationen über dich liest, die da ganz freiwillig veröffentlicht werden. Es ist auch überhaupt nicht ausgeschlossen, dass sie irgendwann einmal gegen dich verwendet werden. Und zuletzt noch eine Korrektur: Auch bei einer e-Patientenakte können Versicherte selbst entscheiden, welche Daten gespeichert werden sollen. Sie geben also Daten genauso freiwillig zur Kenntnis – allerdings an einen Personenkreis, den sie im Überblick haben.

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