Deutsche Reisepässe sicher

Eine Anfrage der Fraktion „Die Linke“ im Bundestag förderte neulich zutage, wie sicher die aktuellen Reisedokumente der Deutschen sind und dass sie in den vergangenen fünf Jahren nicht ein einziges Mal mißbräuchlich bei einem Terroranschlag eingesetzt wurden. Die Antworten deuten an, wie schmalbrüstig, fadenscheinig und irreführend die Sicherheits-Argumente sind, mit denen die Einführung biometrie-gestützter Reisepässe begründet wurde.

Frage Linkspartei: Wie viele Fälschungen und Verfälschungen deutscher Pässe sind seit 2001 auf welche Art und Weise und bei welcher Gelegenheit aufgedeckt worden?

Anwort der Bundesregierung: Im Rahmen der grenzpolizeilichen und sonstigen Kontrollmaßnahmen hat die Bundespolizei im Zeitraum 2001 bis 2006 insgesamt 6 Fälschungen und 344 Verfälschungen deutscher Pässe festgestellt.

Frage Linkspartei: Bei wie vielen der durchgeführten oder geplanten und aufgedeckten oder sonst verhinderten vermutlichen terroristischen Anschläge seit dem Jahre 2000 spielten bei Planung und Durchführung gefälschte deutsche Pässe oder Ausweise eine Rolle (bitte aufgeschlüsselt nach Jahren und Anlass darstellen)?

Anwort der Bundesregierung: Der Bundesregierung sind keine derartigen Fälle bekannt.

Fingerabdrücke in Reisepässen

Letzten Freitag (08.06.07) verabschiedete nach dem Bundestag auch der Bundesrat das neue Passgesetz. Ich mache mir heute die Presseerklärung des Chaos Computer Club zur Speicherung von Fingerabdrücken in Reisedokumente zu eigen:

„Erneut wurde trotz der Kritik aller Experten eine teure Sicherheitssimulation ohne Nutzen beschlossen. Unter den Beteiligten ist längst klar, dass die Einführung der Fingerabdrücke in den Reisepass kein Mehr an Sicherheit bringt. Stattdessen wird die gesamte Bevölkerung nun auf den Meldeämtern erkennungsdienstlich behandelt. “Wie Kriminelle werden die Bürger gezwungen, ihre Fingerabdrücke beim Staat abzuliefern, ohne dass die Bundesregierung jemals sinnvoll begründet hat, warum diese biometrische Vollerfassung nötig ist”, sagte der CCC-Sprecher Andy Müller-Maguhn.

Der Grund für die biometrische Überwachungsmaßnahme liegt im immer weiter wachsenden Interesse des Staates an der Erfassung aller Daten seiner Bürger. Ganz nebenher wird aber auch die Biometrie- und RFID-Industrie gefördert. Die Interessenverquickung zwischen Politikern, wie z. B. Ex-Innenminister Schily, und der Industrie ist äußerst anrüchig. Hier wird offensichtlich nicht im Sicherheitsinteresse der deutschen Bevölkerung gehandelt, sondern direkt in die eigenen Taschen gewirtschaftet.

In der Praxis hat die Aufnahme der Fingerabdrücke für den Reisenden unangenehme Auswirkungen. Großflächige statistische Untersuchungen zeigen, dass 3 bis 5 Prozent der Bevölkerung keine ausgeprägten Fingerabdrücke aufweisen. Besonders häufig werden hier ältere Menschen diskriminiert. Auffallen werden die damit verbundenen Probleme erst beim Versuch eines Grenzübertrittes außerhalb der Schengen-EU. Die Konsequenzen für den Reisenden reichen nach Auskunft des Bundesinnenministeriums von gesonderter Behandlung mit verschärfter Kontrolle bis zur Rückweisung. Das gleiche gilt bei defektem RFID-Chip.

“Mit dem sofortigen, schrankenlosen Online-Abruf der Passbilder schon bei Ordnungswidrigkeiten wird eine neue Dimension des staatlichen Biometrieterrors gegen die Bürger erreicht. Kombiniert mit Verfahren zur automatischen Gesichtserkennung sind der permanenten Alltagsüberwachung nun keine Grenzen mehr gesetzt”, sagte CCC-Sprecher Andy Müller-Maguhn.

Der Chaos Computer Club ruft daher alle Bürger auf, die Abnahme der Fingerabdrücke zu boykottieren. Bereits wenn sich ein kleiner Teil der Bevölkerung der erkennungsdienstlichen Behandlung verweigert, kann die Totalüberwachung noch verhindert werden.“

Wer also nur in der Schengen-EU unterwegs ist, kann problemlos vermeiden, dem Staat die eigenen Fingerabdrücke zu überlassen.

Elektronische Gesundheitskarte

Die Krankenkassen stehen vor der flächendeckenden Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK). Obwohl schon zum 01.01.2006 geplant, laufen gegenwärtig nur Modellversuche. Bis Ende 2008 soll die Karte bundesweit verfügbar sein.

Allerdings haben sich inzwischen verschiedene Ärzteorganisationen (Kassenärztliche Bundesvereinigung, Bundesärztekammer, Hausärzteverband, Marburger Bund) in einer gemeinsamen Erklärung gegen die Einführung der Karte gewandt, wenn sie die anfallenden Kosten nicht gesondert vergütet bekommen.

In seltener Einmütigkeit haben nun die gesetzlichen und die privaten Krankenkassen an die Ärzte und ihre Standesvertreter appelliert, das Vorhaben nicht zu blockieren. Die Erklärung der Ärzteschaft bezeichneten sie als einen Versuch, „Druck auf die Kostenträger bei den Verhandlungen zur Finanzierung der Erstausstattung der ärztlichen Praxen mit entsprechender Praxishard- und software auszuüben. Ärgerlich sei es, dass versucht werde, Ängste bei den Patienten im Hinblick auf die Datensicherheit zu schüren, um damit eigene finanzielle Interessen durchzusetzen.“

Staatsparanoia

Die technische Entwicklung eröffnet dem Staat und seinen Sicherheitsbehörden inzwischen Möglichkeiten, von denen der Staatssicherheitsdienst in der DDR allenfalls träumen konnte: Vorratsdatenspeicherung von Verbindungsdaten, Zugriff auf privat genutzte Festplatten, biometrische Erfassung der Bevölkerung. Es bleibt, wie in allen Fällen technischer Möglichkeiten die entscheidende Frage: Ist alles, was möglich ist, auch sinnvoll? Und wenn ja, für wen?
Das Innenministerium sagt sich: Wenn wir ALLE Informationen kontrollieren, laufen auch die sicherheitsrelevanten Kommunikationen durch unsere Kanäle. Damit stellt sich die Frage, ob auch ALLE sicherheitsrelevanten Informationen durch diese Kanäle fließen?

Das bezweifle ich. Die Sicherheitsdienste schöpfen Daten ab von Quellen, die im Alltagsleben keinerlei Vorkehrungen dagegen ergreifen, von mitlauschenden Dritten abgeschöpft zu werden. Die naive Haltung, wer nichts zu verbergen hat, braucht auch nichts zu befürchten, spielt diesem maßlosen Abschöpfen in die Hände.

Wer seine Informationen schützen will, damit sie vertraulich fließen können, trifft meist Maßnahmen, seine Kommunikation abzuschirmen. Das ist technisch dieser Tage keine große Herausforderung. Ansonsten bleibt der nicht-technisch vermittelte Informationsaustausch oder auch die Schneckenpost bis hin zu Kurierdiensten.

Es ist also davon auszugehen, dass Menschen, die Böses aushecken, dies bei gutem Verstand nicht mittels jener Kanäle tun, die den Sicherheitsbehörden zugänglich sind.

Was soll also das Ganze? Warum fordert der Innenminister die Verfasstheit dieses Landes heraus, die das Individuum und seine Privatsphäre mit besonderen Abwehrrechten ausstattet? Hat Schäuble nichts gelernt aus Nazismus und real-existierendem Sozialismus? Oder hat er gelernt, wie er es anders anfangen muss, um das gleiche Ziel zu erreichen: Totale Kontrolle. Immer schön an der Verfassung basteln, damit sie irgendwann passt. Wer schützt eigentlich die Verfassung vor dem obersten Verfassungsschützer?

Vorratsdatenspeicherung kommt

Die Bundesregierung hat heute einen Gesetzentwurf verabschiedet, der sich mit Telefonüberwachung und anderen verdeckten Ermittlungsmaßnahmen beschäftigt. Zum Entwurf gehört auch die Umsetzung einer EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung. Die Pressemitteilung des Justizministeriums stellt selbstverständlich den Schutz der Privatsphäre in den Mittelpunkt: „Mehr Grundrechtsschutz bei verdeckten Ermittlungsmaßnahmen„.

Dass die Bundesregierung die EU-Richtlinie so widerstandslos umsetzt (ganz im Gegensatz zu anderen Richtlinien, wie jene zum CO2-Verbrauch von Neuwagen), zeugt von einem ausgeprägten Datensammel- und Kontrollwahn der politisch Verantwortlichen. Dieser Eingriff in die Privatsphäre ist heftig, weil er ALLE Bürger/innen unter Generalverdacht stellt. Die Verbindungsdaten (Mobilfunk, Internet) kombiniert mit den Standortdaten (Mobilfunk) laden dazu ein, Bewegungsprofile zu erstellen, Kommunikationen nachzuzeichnen, die Mediennutzung (SMS) zu dokumentieren. Wer also zukünftig seine Privatsphäre schützen möchte, sollte wieder auf die gute, alte Schneckenpost zurückgreifen. Der Adressat eines Briefes wird nämlich (noch) nicht 6 Monate lang in einer Datenbank gespeichert.

Sich auf dem Kinderspielplatz zu verabreden, ist eine weitere Möglichkeit, subversive Gedanken auszutauschen…

Passfotofahndung

Die TAZ berichtete gestern, dass die Regierung das Passgesetz ändern will, um der Polizei zu ermöglichen, automatisiert auf die digitalen Passfotos der neuen biometrischen Reisepässe zuzugreifen, die bei den Passbehörden erfasst sind. Heute legt die tageszeitung nach: Auch ältere Personalausweis- und Passbilder sollen auf diese Weise für die Polizei zugänglich gemacht werden.

Das widerspricht den Verlautbarungen und Beteuerungen, vor allem denen des damaligen Innenministers Otto Schily, rund um die Einführung des biometrischen Reisepasses im Herbst 2005. Damals behaupteten die Verantwortlichen, die digitalen Fotos würden ausschließlich zur Feststellung der Identität des Passinhabers verwendet. Im aktuellen Passgesetz steht in §16, Absatz 6: „Im Pass enthaltene verschlüsselte Merkmale und Angaben dürfen nur zur Überprüfung der Echtheit des Dokumentes und zur Identitätsprüfung des Passinhabers ausgelesen und verwendet werden.“

Hier greift die bewährte Salamitaktik: Erstmal einführen, Gefahren und Risiken abwiegeln, Grenzen setzen. Ein bisschen später dann erweitern, vergrößern, ergänzen, Grenzen wieder abschaffen. Da ab 01.11.2007 auch digitale Fingerabdrücke in die Pässe eingefügt werden, sind zumindest die technischen Möglichkeiten für den Überwachungsstaat schon sehr edel. Es müssen nur noch die Gesetze angepasst werden. Dafür ist nun Herr Schäuble unser Gewährsmann.

Schokohasenfrust

Ich bekam heute dieses Bild geschickt.

Schokohasenfrust

Weil die Autorinformationen (außer einer kaum leserlichen Signatur unten rechts) fehlten, wollte ich wissen, woher das Bild kommt und wer es gezeichnet hat – und wer vielleicht irgendwann einmal die Idee hatte (weil das ja heute alles nicht mehr in einer Hand liegen muss). Ich suche also in der Suchmaschine meines Vertrauens, gucke mir Seiten an, auf denen die Zeichnung ebenfalls lagert, gebe wieder Suchbegriffe ein und gelange zu einem Blog-Eintrag des australischen Zeichners Jason Chatfield vom April 2006, der seine Geschichte dieses kleinen Schokohasenscherzes – und der Abwandlungen des Originalmotivs – erzählt.

Spannnend auch, dass sich der französische Re-Mixer des Hasenpaares, David Revoy, auf der Webseite des Australiers zu Wort meldet. Seine Signatur steht auf dem Bild unten rechts.

Amerikanischer Blogger aus Beugehaft entlassen

Josh Wolf, ein Videoblogger und Journalist aus San Francisco, ist nach sieben Monaten (226 Tage) aus der Beugehaft entlassen worden. Er sollte genötigt werden, ein Video an die Behörden zu übergeben, das er auf einer Anti-Globalisierungsdemo aufgenommen hatte.

In seinem ersten Statement nach seiner Entlassung weist er allerdings darauf hin, dass es nicht allein darum ging, dem Staat das Video auszuhändigen. Vielmehr sollte er gezwungen werden, vor Gericht als Zeuge auszusagen. Dagegen wehrte er sich. Schließlich handelte er den Kompromiss aus, das Video nach seiner Entlassung ungeschnitten online zu stellen und zwei Fragen des Gerichts zu beantworten. Beide beantwortete er (gekürzt, d.A.) mit „Nein.“

Datenspuren

Ich verweigere Kundenkarten jeglicher Art, stehe nicht im Telefonbuch und nehme nie an Gewinnspielen teil. Ich bin gegen Vorratsdatenspeicherung und gegen Online-Durchsuchungen meiner Festplatte. Ich lehne biometrische Pässe und Ausweispapiere ab und halte Wahlmaschinen für demokratie-gefährdend bzw. wie ein holländischer Sicherheitsexperte es nannte: „Eine Nicht-Lösung für ein nicht-existierendes Problem“.

Um nicht missverstanden zu werden: Ich trete hier nicht als IT-Verächter auf. Ja, ich vertraue sogar der Technik, die ich selber gebrauche (na ja, meistens). Aber ich vertraue den Leuten nicht, in deren Händen die große Verantwortung für die Großtechnik liegt. Die wirkmächtige, jedoch wenig durchdachte, wenig transparente Digitalisierung des Alltags (Überwachungskameras, Mautsystem, elektronische Patientenakte usw.) nervt. Hier paaren sich in den Köpfen der Entscheider rücksichtslose Fortschrittsgläubigkeit mit wahnhaften Kontrollbestrebungen.

Und trotzdem stelle ich täglich im Netz meine Gesinnung zur Schau… Ein Widerspruch?

Kaum. Warum sollte es mein Ziel sein, meine Datenspuren zu verwischen, wenn ich sie selber gestalten kann? Ich will ja gerade welche hinterlassen. Wenn schon Informationen von mir abgeschöpft werden, steht es mir frei, den Informationspool mit meinen Selbstsichten zu erweitern und zu bereichern. Hier allerdings speise/(schleuse?) ich Daten freiwillig in ein soziales Netzwerk. Dort zwingen mich die Großtechniken, Datenspuren in verschiedenen (intransparenten) Ablagesystemen zu hinterlassen. Ich als Zusammengesammelter jedenfalls ahne nicht, wer gerade was über mich durch welchen statistischen Wolf dreht – und welches Risikoprofil sich dabei entfaltet. Wobei ich natürlich hoffe, dass verhaltensaufällig und hochgefährlich herauskommt…

Bloggen für Carl Auer

Gerne habe ich die Einladung des Carl-Auer-Verlages angenommen, ab dem heutigen Montag die Systemische Kehrwoche zu übernehmen.

Bloggen ist ja eine gute Möglichkeit, recht schnell eine Öffentlichkeit zu erreichen, wie sie a) durch herkömmlichen Medien mit so wenig Aufwand kaum erreichbar wäre und die b) durch Vernetzung rasch an Größe gewinnen (kann). Die Blogosphäre (die Gesamtheit aller Weblogs) umfasst laut des Zähl-, Such- und Vernetzungsangebots Technorati inzwischen etwa 70 Millionen Online-Journale. Täglich kommen rund 100000 hinzu. Den Geheimdienst, der darüber den Überblick behalten wird, möchte ich gerne kennen lernen – auch wenn Bloggen bspw. in Ägypten ziemlich gefährlich sein kann. Hier in unseren Breiten, im täglichen medialen Hupkonzert um die Aufmerksamkeit unserer Hirne, hat das Bloggen ja deutlich weniger Einfluss. Aber dieser reicht immerhin bis nach China: Ein chinesisches Gericht versucht nämlich einen Blogger aus Berlin zu verklagen.

Doch soviel Staub werde ich in dieser Kehrwoche wohl nicht aufwirbeln…