Mapa und Pama

Eines der erklärten Ziele unseres elterlichen Wirkens ist es von Beginn an, keine zu starren Rollenbilder im Kind zu erzeugen. Ob wir das Essen zubereiten, die Wäsche waschen, die Windeln wechseln, das Auto fahren, Einkaufen, das Kind zu Bett bringen, Trösten oder mit ihm Spielen: Wir halten uns beide für gleichermaßen zuständig.

Wie gut es uns gelungen ist, diese Rollenunschärfe zu leben, bestätigt das aktuelle kindliche Sprachspiel: Zwar weiß Söhnchen durchaus zwischen Mama und Papa zu unterscheiden, aber wahlweise zeigt er auch mit dem Finger auf uns und gebraucht seine Wortschöpfungen „Mapa“ oder „Pama“.

Ich bin dann mal weg…

Als es unserem Sohn neulich morgens nicht schnell genug ging, ergriff er selber die Initiative: Er nahm sich eine Plastiktüte und verstaute seine Wasserflasche darin. Dann ging er zum Bücherregal, griff sich zwei Taschenbücher (Krimis) und versenkte sie ebenfalls in der Tüte. Er hob den Arm, winkte, und sagte „tschöss!“ – Dann schlenderte er mit Sack und Pack an die Wohnungstür und rüttelte daran. Allerdings ohne Erfolg, denn noch ist er zu kurz, um sich selbständig auf den Weg zu machen.

So gesehen wird uns die (höher als die Klinke gelegene) Kette an der Tür noch sehr nützlich sein…

Mehr Geburten

Die Süddeutsche Zeitung meldet heute, dass im Vergleich zum 1. Quartal 2006 in einigen deutschen Städten im 1. Quartal 2007 die Geburtenzahlen in die Höhe geschnellt seien. Das Blatt beruft sich auf eigene Recherchen – und vermutet einen Zusammenhang mit dem Elterngeld, das seit 01.01.2007 an berufstätige Eltern gezahlt wird, wenn sie ein Kind bekommen und wenn einer der Partner im ersten Jahr zuhause bleibt.

Weil es nur Zahlen für das erste Quartal sind, könnte es sich allerdings auch um Mitnahmeeffekte handeln: Eltern haben 2006 Ihre Entscheidung, ein Kind zu bekommen, wegen des Elterngeldes kurzfristig ein paar Monate nach hinten verschoben, damit das Kind nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Welt kommt. Ob sich wirklich mehr Paare für Kinder entscheiden, wird sich erst in den kommenden Jahren zeigen.

Tüss!

Heute hat sich unser Sohn erstmals nicht nur winkend von mir verabschiedet. Er rief mir „Tüss!“ hinterher und winkte dabei. Und wiederholte es: „Tüss!“

All das geschah ganz nebenbei und vor allem komplett ohne Vorwarnung. Als hätte er vorher immer nur stumm geübt, bis es nach seinem Ermessen mal zu einem vernüftigen „Tüss“ gereicht hat, um damit eine neue Stufe in der kommunikativen Leiter zu erklimmen. Beim Abholen aus der Kita setzte er das „Tüss!“ den Kita-Frauen gegenüber schon ganz selbstverständlich ein. Faszinierend.

Durchs Leben gewandelt…

Noch vor wenigen Jahren hätte ich einen Schrebergarten als Inbegriff eines spießigen Idylls verdammt und abgelehnt. Doch wie vieles andere auch, wandeln sich die Ansichten mit zunehmenden Alter und unter veränderten Lebensumständen: Früher ließ Australien nur Strafgefangene ins Land, ja es war das ultimative Aufnahmekriterium – heute verweigern die Australier dem vorbestraften Snopp Dogg die Einreise.

Ich habe den Schrebergarten meiner Jugend (unterhalb des Dresdner Fernsehturms) verabscheut. Heute bin ich froh, mit Freunden selber einen zu betreiben und dort meine Sonntage mit Frau, Kind und Gästen zu verbringen – abseits von überfüllten Parkwiesen und den logistischen Herausforderungen, die damit verbunden sind, ein Picknick im Grünen zu veranstalten.

Autonomes Rutschen

Wahrscheinlich geht es allen Eltern so, wenn das eigene Kind eine unerwartete Leistung vollbringt: Sie sind erstaunt, irritiert und manchmal so begeistert, dass sie das, was sie gesehen haben, sofort aller Welt erzählen müssen. So geht es mir heute.

Ich sah unserem Sohn auf dem Kita-Spielplatz dabei zu, wie er die Rutsche benutzte. Er erklomm eine kleine Anhöhe mit zweieinhalb Metern Höhenunterschied, schob sich auf den Startplatz der Rutsche, ließ die Beine überhängen, drehte sich ein und glitt bäuchlings die Rutsche hinunter. Dann bekam er festen Boden unter die Füße und die Runde begann von vorn…

Welch ein Schritt in die Autonomie, dachte ich bei mir, einen solchen Ablauf ohne Hilfe zu bewältigen!

Kind und Hund

Respekt – Zurückschrecken – Greinen – Kontaktaufnahme – Annäherungsbereitschaft – Nähe. Diese Abfolge durchmaß das Kind mehrfach bei seiner ersten intensiveren Begegnung mit einem kleinen Hund.

Nach dem rhythmischen Einschwingen auf die andere Lebensform traut sich das Kind an Tag 2, dem Hund ein Leckerli hinzuhalten, setzt sich vor ihn hin, berührt sein Fell. So also lernen wir die Welt kennen, wenn wir sie aktiv erkunden wollen… Bedacht und beherzt zugleich.

Heute im ICE

Neben dem Essen ist das Anschauen von Bilderbüchern gegenwärtig die größte Leidenschaft unseres Sohnes. Heute sitze ich mit ihm im ICE. Er thront im Buggy, der genau zwischen die Sitzreihen passt. Spaßeshalber lege ich die Zeitschrift „DB Mobil“ vor ihn hin. Der Buggy-Bügel ist die optimale Halterung für die Lektüre. Allerdings rechne ich damit, dass das Kind das Heft in Tausend Stücke zerfetzt.

Doch es kommt zu meinem großen Erstaunen anders. Das Kind blättert rund eine Viertelstunde ausgiebig, Seite für Seite, in der Zeitschrift. Einmal von vorn nach hinten und dann wieder von hinten nach vorn. Dabei entdeckt er zu seiner Freude eine Kuh, ahmt deren Geräusch nach („Uuuhhh“) und fängt wieder von vorn an zu blättern. Schließlich hat er genug von der „Lektüre“ und tut, was ich von Anfang an erwartet habe: Er zerreißt die Zeitschrift großflächig und wirft sie schließlich weg.

Ich Mama, Du Pinguin

Ich trage aus alter Gewohnheit ein inzwischen ziemlich verwaschenes T-Shirt mit Tux, dem Linux-Pinguin, auf der Brust. Heute morgen gefiel es unserem Sohn, auf den Pinguin zu zeigen und zu sagen: „Papa.“

Im Zuge von Identitätsfindung und Selbstentwicklung kommt es im Augenblick noch zu einer anderen Ver(w)irrung. Fragt ihn jemand: „Wo ist Mama?“ zeigt er auf sich selber und sagt: „Mama“. Klarer Fall von Modelllernen. Die Mama richtet ja den Finger auf sich, wenn sie anzeigen will, wer Mama ist, wenn sie sagt: „Ich bin die Mama.“ Und so versteht es das Kind. Mama ist diejenige, die auf sich selber zeigt und „Mama“ sagt.

Lernen, rasant!

Fasziniert betrachte ich meinen knapp eineinviertel Jahr alten Sohn. Ich reibe mir die Augen wie dynamisch und rasant er lernt, wie er – von Rückschlägen unbeeindruckt – zwanghaft-programmatisch und klar nachhaltig seine Welt und sich selber erkundet.

Erst wenige Schritte. Dann der Gang durch den Flur. Einige Tage später längere Ausflüge in alle Zimmer der Wohnung inklusive ersten Gepäckstücken. Bis hin zur Fähigkeit in der Gehbewegung die Knie anzuwinkeln und ohne innezuhalten, fasst fließend, etwas vom Boden aufzulesen – und weiterzugehen.

Das Lernen gipfelte gestern darin, das der Junge (ohne Aufforderung) Wäsche aus der Trommel im Schlafzimmer klaubte und sie in die Küche brachte. Dort steckte er sie in der Waschmaschine. Eine verlorene Socke sammelte er beim zweiten Gang auf – und hatte sichtlich einen Riesenspass.

So fasziniert ich bin, so sehr frage ich mich natürlich, auf welche Weise ihm diese Freude erhalten bleiben kann…