Kinder-Tourette

In der Psychiatrie ist das Tourette-Syndrom gut beschrieben, wenn auch noch nicht wirklich gut erklärt: Unwillkürliche, also nicht steuerbare, motorische und/oder verbale Verhaltensweisen, so genannten Tics oder Ticks.

Als Vater zweier Kinder im Alter von vier und sechs Jahren muss ich mich mit akuten Durchbrüchen des Phänomens herumschlagen: „F*** dich“ ist der frischeste Einwurf, neu importiert in die Familie vom Erstklässler. „Du blöder-Sch***ß-K**k-Papa“ ist ein der liebsten Wendungen des Vierjährigen, wenn die Dinge nicht so laufen, wie er das gerne hätte. Für mich ist das Kinder-Tourette, weil ich dann den Kindern gar nicht böse sein kann, wenn sie mich mit Fäusten bearbeiten, treten, die Türen so knallen oder auch sonst die Kontrolle über Worte und Bewegungen nicht mehr ausüben können.

Zum Glück ist Kinder-Tourette so vergänglich wie ein Gewitter, in gewisser Weise ist es ja ein neuronales Gewitter, direkt zwischen den Ohren. Das Gewitter kann zwar kürzer oder länger dauern, aber danach kommt klare, gereinigte Luft und oftmals Sonnenschein – Ruhe und Frieden.

Fuck off, Halloween!

In den letzten Jahren habe ich eine veritable Allergie gegen Süßigkeiten-bettelnde, klingel-rutschend-marodierende Kinder bekommen, die Halloween ausnutzen, ihren sowieso übermäßigen Zuckerkonsum weiter zu erhöhen – und zwar ohne Gegenleistung!

Einfach im Schreckgespenstkostüm an der Tür stehen, Sturm klingeln und die Hand aufhalten. Nicht nur, dass diese Kinder einen belästigen, wenn sie bis 20 Uhr abends auf die Türklingel drücken – sie versetzen auch noch den Zweieinhalbjährigen in Angst, der sich ängstlich, mit massiv erhöhter Herzschlagfrequenz, an mich drückt und wissen will, was all diese Gestalten vor der Tür wollen und warum sie an unserer Wohnungstür herumlärmen.

Allein der Erpresser-Spruch „Süßes, sonst gibt’s Saures“, geht mir so gegen den Strich, dass ich die Kinderhorden am liebsten eigenhändig die Treppe runterstürzen würde. Zum Glück steht dem meine hart arbeitende Impulskontrolle im Wege. Welche bescheuerten und verantwortungslosen Eltern bringen ihren Kindern diesen Schwachsinn bei? Welche Eltern lassen es ihren Sprößlingen durchgehen, wildfremde Menschen am Sonntag Abend zu nötigen, ihnen Süßigkeiten rauszurücken?

Zu befürchten ist nämlich, ein Teil dieser Halloween-Hooligans findet Gefallen an solcherart Erpressung – und macht daraus ein Geschäftsmodell (auf dem Schulhof, in der Seitenstraße, auf dem Spielplatz). Oder aber sie werden sowieso von Leuten geschickt, die wissen, wie das Schutzgeldgeschäft funktioniert, und die dem Nachwuchs (spielerisch, versteht sich) die Chance geben wollen, eigene Erfahrungen zu sammeln…

Spontanheilung beim Kind

Als Angestellter im Gesundheitswesen weiß ich wie wichtig es ist, möglichst jeden offiziellen Arztkontakt zu vermeiden – aus finanziellen Gründen für die Solidargemeinschaft und aus gesundheitlichen Gründen für den eigenen Körper. Denn wo viel untersucht wird, wird naturgemäß auch viel Krankheit gefunden. Und das ist nicht in meinem Interesse.

Der jüngere meiner Söhne (2 Jahre alt) hat dieses Prinzip wohl bereits verinnerlicht: Er stürzte gestern mit dem Laufrad, fuhr damit noch nach Hause. Allerdings benutzte er beim Abendessen seinen linken Arm nicht mehr. Auch nach Aufforderung wollte er ihn nicht heben, sich nicht damit abstützen, etc. Als er heute morgen aufwachte, lag der Arm noch immer schlaff neben ihm.

Ausgekugelt? Verrenkt? Verstaucht?

Zunächst schüttelte er den Kopf als ich ihn bat, den Arm zu heben. Er schüttelte auch den Kopf, als ich ihn fragte, ob ihm etwas weh täte. Dann kam mir die rettende Idee: „Dann müssen wir eben zur Ärztin, Frau R., gehen, wenn du den Arm nicht bewegen kannst.“

Er guckte kurz und streckte dann ohne weiteres Zögern den Arm in die Höhe. Seitdem sind keine weiteren Beschwerden augenfällig geworden.

Vätermonate ausweiten?

Familienministerin Kristina Schröder will die Ausweitung der Vätermonate – und die Kommentare überschlagen sich: Die Familienministerin wird gelobt für ihren mutigen Schritt, endlich den Erfolg des Elterngeldes zu nutzen, um weitere Maßnahmen umzusetzen. Die Väterfreunde unter den Bloggern und manche Zeitungsredaktion (bspw. die TAZ) sehen den richtigen Ansatz in der Ausweitung der Vätermonate.

Ich reibe mir irritiert die Augen. Wie? Vätermonate erweitern? Von zwei auf vier?

Das könnte jeder Vater doch heute schon, wenn er will – und wenn die Mutter des Kindes es „erlaubt“. Es steht ja in keinem Gesetz, dass die väterliche Elternzeit gegenwärtig auf zwei Monate zu beschränken sei. Vier, sechs, acht Monate – heute schon alles drin.

Mit welcher Selbstverständlichkeit gehen denn die Verhaltensmotivatoren im Ministerium und in den Redaktionen davon aus, dass die bisherige Regelung besagt: Das erste Jahr bleibt die Frau zuhause und dann hängt der Papa nochmal zwei Monate dran. Wer will hier die klassisches Rollenaufteilung zementieren? Und, schlimmer noch: Selbst wenn die Männer vielleicht statt zwei jetzt vier Monate daheim blieben, um das Kind zu (mit)zubetreuen – im familiären Alltag stellt sich die Verteilung der Pflichten und Aufgaben oft so dar: Beide sorgen für das Einkommen. Sie sorgt für den Haushalt. Er bringt den Müll runter.

Wenn also die Familienministerin die Steuerungswirkung des Elterngeldes verbessern will, braucht sie einfach nur ins Gesetz zu schreiben: Ab sofort gibt es nur Geld für die gesamte Elterngeldzeit, wenn ein Elternteil mindestens vier Monate Elternzeit nimmt und der andere den Rest. Danach wird die Zahl der Väter, die vier Monate Elternzeit nehmen, deutlich steigen. Die Maßnahme könnte dann als weiterer Erfolg gefeiert werden, die Väter in die Kinderbetreuung einzubinden.

Und Finanzminister Schäuble hätte nix dagegen…

Streik der Kita-Angestellten

Endlich, kann ich da nur sagen: Endlich legen Kita-Angestellte mal die Arbeit nieder – und lassen es sich nicht länger gefallen, wie herablassend sie von Politik und Gesellschaft behandelt werden. Einerseits wächst der Bedarf an qualifiziertem Personal, gerade mit dem beschlossenen Ausbau der Kitas und Krippen bis 2013. Andererseits wird das Personal durch das Vergütungssystem nachgerade verhöhnt.

Wie die Bundesländer und Kommunen diese Berufsgruppen entlohnen, zeigt, wie gering sie deren Arbeit schätzen. Alles Gerede über Qualifikation des Personals, Bedeutsamkeit für die frühkindliche Entwicklung, Ausbau der Betreuungskapazitäten ist völlig hohl, wenn unterm Strich der Eindruck bleibt: Hier wird per Gehaltsscheck ein Kulturkampf geführt!

Entlohnt das Personal schlecht, um keine Anreize zu schaffen, dass mehr Leute diesen beruflichen Weg wählen (Männer!!). Behandelt sie herablassend (Das kann ja im Grunde genommen jede Frau!), um deutlich zu machen, öffentliche Kinderbetreuung ist allenfalls ein Notbehelf, wenn eben die Eltern gar nicht anders können, als die Kinder beim Staat in Verwahrung zu geben.

Also Streikende: Viel Erfolg!

PS.: Nicht ausbleiben wird dann auch der Versuch, an der Gebührenschraube zu drehen. Doch dazu könnten sich ja dann auch die Eltern zu Wort melden…

Wenn Eltern ihre Kinder verwechseln…

kann es auch mal peinlich werden…

Bei zwei kleinen Kindern im Haushalt passiert es uns Eltern immer mal wieder, dass wir die Zugehörigkeiten durcheinander bringen:

Wir vertauschen im Erzählstrom die Namen der Zwerge – sicherlich ein sehr häufiges Phänomen bei mehreren Kindern. Weil beide Jungs Schnuller lieben, haben wir mehrere Größen der Beruhiger im Haus – und es kommt nicht selten zu Verwechslungen.

Kaum auseinander halten lassen sich auch die Milchtrinkflaschen. Der Große beharrt darauf, eine tägliche Ration Milch aus seiner angestammten Baby-Flasche zu trinken. Der Kleine bekommt nun das gleiche Flaschensystem. Die letzte Verwechslung bemerkte der große Sohn, weil die Tülle auf seiner Flasche plötzlich nur schwer Milch gab, er sie sonst aber relativ schnell leerschlürfen konnte. Die frisch gekaufte Tülle für den kleinen Kleinen erfordert einen viel höheren Saugaufwand.

Besonders peinlich aber war, dass ich vor kurzem dem Kleinen (Windelgröße 2) eine Windel mit Größe 5 angelegt habe, ohne es zu bemerken. Immerhin: Die umgekehrte Verwechslung wäre mir wohl schon auf dem Wickeltisch aufgefallen…

Backen und kochen…

…stehen bei unserem Sohn gerade hoch im Kurs. Aus der Kita wurde neulich diese Geschichte erzählt: Das Kind nimmt Bestellungen auf (Spiegelei, Suppe, Kekse, Kuchen, Wurst), geht in die Kinderküche/Backstube und arbeitet die Bestellungen ab. Dann bekommen die Besteller geliefert, Spiegelei, Suppe, usw.

Mit einer Ausnahme: Eine der Betreuerinnen bekommt immer Kuchen. Egal, ob sie Ei oder Wurst bestellt hat, das Kind liefert ihr Kuchen aus.

Goldig. Ich tippe mal, er nutzt die Gelegenheit, ihr etwas Gutes zu geben, weil sie ihn auch immer bedenkt, wenn eine Leckerei verteilt wird… Oder?

Wenn das Kind häufig erkältet ist…

… taucht bei uns Eltern früher oder später die Frage auf, ob wir dem Vorschub leisten: unangemessene Kleidung, Zugluft, Ernährungseinfalt, zu vielen Infekten anderer Kinder ausgesetzt (Ein fremdbetreutes Kind! Kein Wunder!) – Sind wir also verantwortlich? Ja, für den Umgang mit Kind und Krankheit. Als Verursacher scheiden Eltern aber meistens aus. Ich habe vier entlastende Argumente zusammen getragen:

1. Eine Allgemeinärztin erzählte mir, während des Medizin-Studiums habe ein Kinderheilkunde-Prof zu ihr gesagt: Wenn das Kind nur in 40 von 52 Wochen des Jahres erkältet ist, ist alles ok…

2. Die Kinderärztin derselben Kollegin ließ sich zu der Aussage hinreißen (sinngemäß): Sie machen sich Sorgen, dass ihre Tochter seit vier Wochen hustet? Meine Tochter hustetete vier Monate lang! Dann war sie drei Tage beschwerdefrei und alles ging von vorne los.

3. Die kindliche Anatomie im Kopfbereich lädt Viren und Bakterien geradezu, sich dort dauerhaft anzusiedeln: Kurze Wege zwischen Tränenkanal, eustachischer Röhre und Trommelfell sowie der Nase und den Nebenhöhlen. Ist ein Weg bereits zugeschwollen und voller Eiterpropfen, dauert es nicht lange und das Zeug breitet sich in einer anderen Gegend aus.

4. Manche Kinder kriegen’s oft, manche kriegen’s weniger oft. Meist ist es den Kindern nicht anzusehen, welches zu welcher Gruppe zählt.

Soll heißen: Eltern können auch alles richtig machen – und dennoch ist das Kind erkältet.

kinder zum schlafen bringen…

Neulich erzählte mir ein Bekannter, wie er manchmal seine Tochter dazu bringt, zu schlafen: Er droht mit einem Ungeheuer, das sie abholen würde. Seine Frau macht dann im hinteren Teil der Wohnung ein Klopfgeräusch. Das Kind erschrickt und bekommt Angst, tatsächlich abgeholt zu werden. Dann fügt es sich dem unvermeidlichen…
Er nennt es einen „Trick“. Aber ist es ein Trick, einem Kind Angst einzujagen, um es gefügig zu machen? Oder ist es Hilflosigkeit? Verzweiflung der Eltern?

Das Kind ängstigen, um es zum Schlafen zu bewegen? Verheerend, wenn ich mir vorstelle, wie auf diese Weise ein allgemeines Angstklima erzeugt wird, das in das Kind hinein gepflanzt wird. Was passiert, wenn das Kind alt genug ist, das Ungeheuer herauszufordern? „Komm doch her, du blödes Ungeheuer. Zeig dich. Versteck dich nicht länger…“

Was machen Eltern dann? Oder wird die Angst so groß sein, dass das Kind nicht mutig genug sein wird, so aufzutreten? Oder bewerte ich all das über? Weil Geister/Weihnachtsmänner/Nikoläuse/Butzemänner sowieso regelmäßig bemüht werden, Kinder zu zähmen?

Ich bin gespannt, wann mich mein Sohn so sehr an meine Grenzen treibt, dass ich auch keinen anderen Ausweg mehr sehe, als externe Mächte zu Hilfe zu holen…