Private Krankenkassen beschweren sich beim Verfassungsgericht

Am kommenden Dienstag vor einem Jahr (01.04.2007) ist die letzte Gesundheitsreform in Kraft getreten, das GKV-WSG (Gesetzliche Krankenversicherung-Wettbewerbsstärkungsgesetz). Fristgerecht erheben nun die privaten Versicherer Einspruch, mit einer Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe.

Warum klagen die Privaten Krankenversicherungen (PKV), obwohl doch das Gesetz scheinbar eines für die GKV ist?

Drei Punkte vor allem erregen die PKVen, denn sie könnten ihnen langfristig die Existenz kosten (eine möglicherweise nicht unbeabsichtigte Nebenwirkung der Reform):

Der erschwerte Zugang zur PKV für GK-Versicherte mit einem Brutto-Einkommen oberhalb von 47000. Früher reichte es, ein Jahr lang über dieser Versicherungspflichtgrenze zu verdienen. Dann war der Arbeitnehmer frei zu entscheiden: GKV oder PKV. Seit 01.04.2007 muss der wechselwillige Besserverdiener mindestens drei Jahre lang den Jahresdurchschnitt halten.

Wenn ich den Geist des SGB V richtig verstehe, ist es dem Gesetzgeber völlig freigestellt, wann er seine pflichtversicherten Arbeitnehmer aus der Sozialversicherungspflicht entlässt, nach einem Jahr, nach drei Jahren, nie. Ich rechne nicht damit, dass dieser Teil der Verfassungsbeschwerde Erfolg haben wird.

Anders sieht es mit dem Basistarif aus, den der Gesetzgeber sich ausgedacht hat: Der soll a) alle (Regel)-Leistungen der GKV beinhalten, b) jeden versichern, der berechtigt ist, eine private Krankenversicherung abzuschließen – ohne Prüfung des Gesundheitsstatus und c) genauso teuer sein, wie der entsprechende Tarif in der GKV.

Bisher beruhen jedoch alle Tarife der PKV auf genauen Erhebungen des individuellen Risikos des Versicherten (Alter + Geschlecht + Gesundheitsstatus = Risiko). Der Basistarif hebelt dieses Prinzip aus – und scheint mir tatsächlich massiv in das Geschäftsmodell der PKVen einzugreifen. Diesem Punkt der Beschwerde gebe ich gute Chancen.

Schließlich, als dritter Aufreger, die Wahltarife. Dabei stören sich die PKVen nicht so sehr an den Wahlpflichttarifen, welche die gesetzlichen Krankenkassen anbieten müss(t)en. Vielmehr sind es die Wahloptionstarife, die eine Gefahr für das Geschäftsmodell der PKV darstellen. Vom Selbstbehalt-, über den Kostenerstattungstarif bis hin zur Zusatzversicherung ermöglicht der Gesetzgeber der GKV, Rabatt- oder Zusatzgeschäfte, die bisher allein der PKV zugefallen sind, mit den eigenen Versicherten anzubahnen. Die Bedrohung ist klar: Warum sollte ich als GKV-Versicherter eine private Pflegezusatzversicherung abschließen, wenn meine gesetzliche Kasse mir für alle meine Bedürfnisse ein komplettes Paket schnürt?

Für diesen Teil der Beschwerde mag ich mich nicht festlegen. Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass den GKVen sehr enge Grenzen dafür gesteckt werden, welche optionalen Tarife sie den Versicherten anbieten dürfen.

Inwieweit es sich bei der Klage in Karlsruhe um ein Jammern auf allerhöchstem Niveau handelt, darüber wird das Gericht nicht befinden. Die aktuelle Presserklärung der PKVen zum Geschäftsjahr 2007 jedenfalls erweckt den Eindruck von guter Stimmung und satter Zufriedenheit.