Am Schreibtisch

Aus aktuellem Anlass habe ich ein Gedicht aus dem Jahr 2001 renoviert und wieder aufgelegt:

Jetzt sitz ich hier wieder
und quäle mich rum,
ich zähle die Zahlen,
und denk dideldum:
Was mach ich jetzt bloß
mit all diesem Mist,
den Zahlen, Effekten,
Signifikanzen und Gruppen?
Mir fall’n aus den Haaren,
ich sehe es, Schuppen!

Jetzt sitz ich hier rum,
ich quäle mich ab,
der Chef weiter unten,
der hält mich auf Trab.
Ich lese Artíkel,
ich such eine List,
zu seh’n die Erkenntnis,
warum ich hier forsche,
zu bessern die Basis,
die leidiglich morsche.

Jetzt sitz ich hier wieder
und seh mich verzagt,
mich quält dieser Anspruch,
der stets an mir nagt.
Ich wühl in den Zahlen,
das Leben ist trist,
die Wissenschaft sträubt sich,
bleibt ganz ohne Gnade,
hier zählt nicht Erkenntnis,
was hier zählt ist Fassade.

Die Eltern als Servicepersonal…

Bei aller Freude und Unterhaltung, die das Kind ins Leben bringt: Manchmal fühle ich mich ausschließlich wie dessen Servicekraft. Ein paar Textbeispiele mit Aufforderungscharakter:

„Meine Nase läuft.“
„Stinker.“
„Milch!“
„Papa, Arm.“
„Nicht das Lätzchen, das andere.“
„Papa, Schuhe anziehen.“
„Will (Platzhalter) haben.“
„Buch angucken.“
„Auto spielen.“

Immerhin, es kommt inzwischen zu Situationen, da sagt das Kind ohne Aufforderung: „Danke.“

Kindliches Sprachspiel 9

Fragt die Mama das Kind: „Welchen Kuchen soll Mama backen?“
Antwortet der Genießer: „Fleischkuchen.“

Kindliches Sprachspiel 8
Kindliches Sprachspiel 7
Kindliches Sprachspiel 6
Kindliches Sprachspiel 5
Kindliches Sprachspiel 4
Kindliches Sprachspiel 3
Kindliches Sprachspiel 2
Kindliches Sprachspiel 1

Gerd Baier in Hamburg

Der Heidelberger Jazzpianist Gerd Baier tritt am Freitag, den 29.02.08, im Hamburger Stellwerk auf. Ich kann allen Jazz-Interessierten sehr empfehlen, sich den Mann, wenn er in Hamburg gastiert, nicht entgehen zu lassen. Er spielt keinen Jazz, den wir schon tausend Mal irgendwo gehört haben. Er macht vielmehr innovative Musik, von der wir gerne mehr kennenlernen möchten. So ging es zumindest mir, als ich Baier vor einigen Jahren beim Bansko Jazz Fest in Bulgarien mit dem Northside Quartet erlebt habe.

Nach Hamburg tourt Baier zusammen mit einem Bass (Boris Friedel) und einem Schlagzeug (Dirik Schilgen). Gemeinsam firmieren sie als „Gerdband“. Als Pressetext liest es sich so, was wir zu erwarten haben:

Contemporary Jazz
Mit dem Pianisten Gerd Baier kommt einer der außergewöhnlichsten Musiker Deutschlands nach Hamburg. Abseits der ausgetretenen Wege hat er von Anfang an konsequent seinen eigenen Stil vertreten. Diese Eigenwilligkeit hat ihn auf große Bühnen Europas, in angesehene Venues der Jazzszene wie auch in die Clubs von New York gebracht. Das Geheimnis seines Erfolgs liegt in der Mischung aus brillanten Themen, klugen Arrangements und bewegenden Improvisationen. Bassist Boris Friedel und Schlagmann Dirik Schilgen sind Gleichgesinnte im Geiste, die auf der Bühne selbstständige Standpunkte besetzen, eigene Ideen verwirklichen. Äußerlich ein herkömmliches Jazztrio entsteht eine erregende Musik ganz eigener Spielart, die Geist und Sinne betört, ein Rausch der Klänge und Rhythmen. Kurz, hingehen ist ein Muss für all diejenigen, die etwas anderes wollen als altbekannten Mainstream oder ewig gleiche Sessionmusik.

Hingehen!

Dementia Fair Congress

Ich halte am kommenden Freitag auf dem 2. Dementia Fair Congress (DFC) einen Vortrag. Thema: „Wenn der Doktor zum Test kommt…“

Ich berichte (ganz subjektiv und tendenziell ziemlich unwissenschaftlich) von meinen Erfahrungen und Erlebnissen in den Gesprächen mit alten und sehr alten Menschen (zwischen 80 und 95), die ich täglich besuche, um mich mit ihnen über ihr Gedächtnis zu unterhalten. Ich nutze endlich mal die Gelegenheit, über diejenigen zu sprechen, die ansonsten in Gruppenunterschieden, Prozentangaben und diagnostischen Kategorien verschwinden.

Ein paar Bonmots habe ich schon preisgegeben:

Begehrt bis ins hohe Alter
Telefonieren mit 90
Hintersinn am Ende eines langen Lebens
„Herr Doktor, krieg ich den nun den Alzheimer?“
Hochbetagt und eitel

Kindliches Sprachspiel 8

Neulich in der Kita:

Unser Sohn geht ins Zimmer einer anderen Gruppe. Dort nimmt er sich ein Knäckebrot vom Teller. Zwei Kita-Frauen sehen ihn mit dem Brot in der Hand und sind nicht amüsiert: Üblich ist es, vorher zu fragen, insbesondere wenn das Essen auf dem Teller einer anderen Gruppe liegt.

„Hast du denn jemanden gefragt, ob du das Brot nehmen darfst?“ fragt die erste Betreuerin.
„Mich hat er nicht gefragt“, sagt die zweite.
„Mich hat er eben auch nicht gefragt“, sagt wiederum die erste.
Das Kind schaut etwas betreten auf das Brot in seiner Hand. Schließlich sagt er, das Brot fest im Blick und erleichtert: „Dich!“

Auch Superstar Gysi funktioniert mit alten Reflexen

Leider funktioniert auch Herr Gysi in bewährten Modi: Im Tagesspiegel legt er nahe, Frau Wegner und ihre Aussagen in der ARD-Sendung Panorama könnten vom Verfassungsschutz beeinflusst worden sein, um der Linkspartei zu schaden:

Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine DKP-Politikerin einfach so dumm ist, kurz vor der Hamburg-Wahl ein solches Fernseh-Interview zu geben, wohl wissend, dass sie uns damit schaden wird. Dass heißt, sie wollte uns schaden. Und das sieht doch sehr komisch und eher nach Verfassungsschutz aus.

Da ist es also wieder hervorgeholt, das alte klassenkämpferische Argument vom Feind, der weder Mittel noch Wege scheut, die gute sozialistische Idee zur Strecke zu bringen, zu diskreditieren, wo es nur geht, zu tricksen, zu täuschen, zu tarnen.

Ich traue jedem Geheimdienst alles mögliche zu, Desinformation, Konspiration und Dekonspiration – und all das immer auch gleichzeitig. Doch mein DDR-Riecher lässt mir Gysis Sätze suspekt erscheinen. Ich sehe darin vielmehr eine lange erprobte, reflexhaft abgerufene, unselige DDR-Tradition, mit dem Finger auf den Klassenfeind zu zeigen bzw. auf dessen Erfüllungsgehilfen. Ein Trick, um entweder von Mißständen abzulenken oder die eigenen Reihen geschlossen zu halten. Gysis Klientel traut nämlich dem Verfassungsschutz genauso wenig. Den feindlichen Dienst angesichts des Wegner-Desasters der Subversion zu verdächtigen, nimmt etwas Druck aus dem innerparteilichen Kessel.

Und wie ist das abgelaufen? Etwa so: Der Staatsschutz hat die Linkspartei beobachtet, die DKP sowieso. Als die Linke ins Niedersachsen-Parlament eingezogen ist, hat der Dienst einfach bei der Panorama-Redaktion angerufen und empfohlen, vor der Hamburg-Wahl Frau Wegner zu ihren politischen Ideen zu befragen. Oder will Gysi andeuten, die arme Frau Wegner wurde vom Staatsschutz bezahlt, sich öffentlich so zu äußern?

Danke, Christel Wegner, Linke-DKP,

für Ihre betörende Ehrlichkeit und Ihre Bekenntnisse zum Umsturz.

Sie sind jetzt frisch gewählt im Landtag von Niedersachsen, Huckepack auf dem Ticket der Linken, die Sie aber eigentlich blöd finden. „Die Linke möchte mit Reformen Veränderungen erreichen – und wir (die DKP, Deutsche Kommunistische Partei, deren Mitglied Sie sind, Anm. d. A.) sind der Auffassung, das reicht nicht.“

Im ARD-Magazin Panorama lassen Sie sich und Ihren Gedanken freien Lauf über die DDR, die Macht des Kapitals, die Vergesellschaftung der Produktionsmittel. Sie sagen zum Thema Vergangenheit und Stasi: „Ich denke, dass wenn man eine andere Gesellschaftsform errichtet, dass man da so ein Organ wieder braucht, weil man sich auch davor schützen muss, dass andere Kräfte, reaktionäre Kräfte, die Gelegenheit nutzen und so einen Staat von innen aufweichen.“

Leider müssen wir nun den Chor all der Empörten vernehmen, die Ihren Rückzug aus dem Landtag verlangen, den Chor alle jener, die nun von Ihnen Abbitte fordern, Sie irgendwie zur Rechenschaft ziehen wollen. Doch ich empfehle Ihnen: Bleiben Sie dabei. Schwören Sie nicht ab. Wer wie Sie in allerfeinstem DDR-Sprech auf eine Verlierertruppe wie die Stasi setzt, dem ist eh nicht mehr zu helfen. Doch vergessen Sie nicht: Ein Update wird gerade zur Marktreife gebracht: Stasi 2.0.

Dennoch: Gehen Sie vor weitere Kameras. Sagen Sie den Leuten, wen Sie kriegen, wenn Sie das Kreuzchen bei der Linken machen. Öffnen Sie den Politik-frustrierten Westlern die Augen: Da wo Gysi drauf steht, sind Sie drin. Herrlich!

Im übrigen, falls es Sie interessiert: Ich gewähre auch Ihnen Akteneinsicht, blättern Sie in meiner Stasi-Akte, schauen Sie sich um. Lesen Sie die Abhörprotokolle dieses tollen Dienstes. Lachen Sie sich scheckig. Aber setzen Sie nicht darauf, dass Ihr „Organ“ mich daran hindern kann, Ihr tolles System von innen aufzuweichen.

No pasarán!

Scientific misconduct

After pondering on pseudoscience I stumbled across a debate recently emerging in some science blogs (Tiefes Leben, pharyngula, partial immortalization).

The bloggers discuss a paper on biochemical stuff (I am not familiar with at all), published in the journal Proteomics (2008 Jan 23, DOI: 10.1002/pmic.200700695). They questioned its title, its abstract and all the rest of its content. They tore it apart, smashed it to pieces, made fun of the „mighty creator“ the authors refer to explaining their „evidence“.

Finally, pharyngula got an email response by one of the authors feeling sorry. Because of all the mistakes he had requested the editorial board of Proteomics to retract the paper. In the meantime though, even a charge of plagiarism (pdf) has evolved.

The bloggers ask some very important questions: What went wrong in the review process? How come this creationist crap has made it into a so-called peer-reviewed science journal? Is it possible to distinguish the good from the bad and the fraudulent by just reading the title and the abstract?

Right now I just have an answer to the latter question: It’s almost impossible so at least in research papers on medical subjects, either randomized controlled trials, observational studies or any other design. They enclose difficult methodological issues and statistical decision making. As a result, these papers are prone to (intended?) inconsistencies between the nice abstract and the incorporated empirical evidence.