Pflegegesetz 2013 tritt in Kraft, Teil 3

  • Belange pflegender Angehöriger
  • In § 44 SGB XI ist nun geregelt, welche Pflegezeit (14 Stunden wöchentlich) der Gesetzgeber erwartet, um der Pflegeperson Beiträge für die Rentenversicherung anzurechnen. Falls die 14 Stunden unterschritten werden, können die Ansprüche auch durch die Pflege mehrerer Bedürftiger erworben werden.

    In den § 42 wurde ein Absatz eingefügt, der es nun ermöglicht, dass ein Pflegebedürftiger, dessen Pflegeperson selbst eine stationäre Maßnahme zur medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation in Anspruch nimmt, Anspruch auf Kurzzeitpflegegeld für diese statioäre Einrichtung hat, wenn eine gleichzeitige Unterbringung erforderlich ist.

  • § 45d Förderung ehrenamtlicher Strukturen sowie der Selbsthilfe
  • „Je Versicherten werden 0,10 Euro je Kalenderjahr verwendet zur Förderung und zum Auf- und Ausbau von Selbsthilfegruppen, -organisationen und -kontaktstellen, die sich die Unterstützung von Pflegebedürftigen, von Personen mit erheblichem allgemeinem Betreuungsbedarf sowie deren Angehörigen zum Ziel gesetzt haben.“

  • Modellvorhaben zur Erprobung von Leistungen der häuslichen Betreuung durch Betreuungsdienste
  • Die Pflegekassen können 2013/14 Modellvorhaben unterstützen, die Leistungen für Demenzkranke erproben, die von Betreuungsdiensten erbracht werden. Die jeweiligen Modellvorhaben sollen prüfen, wie gut der Betreuungsdienst hinsichtlich Wirtschaftlichkeit, Qualität, Inhalt der erbrachten Leistungen, Akzeptanz bei den Pflegebedürftigen abschneidet. Die Modellvorhaben müssen wissenschaftliche evaluiert werden. Dafür stellen die Pflegekassen bis zu € 5 Mio zur Verfügung.

    Für teilnehmende Betreuungsdienste gelten dieselben Vorschriften des SGB XI wie für die Pflegedienste.

  • Neue Vergütungsregelungen
  • „Die Vergütungen sind mit Wirkung ab dem 1. Januar 2013 nach Zeitaufwand und unabhängig vom Zeitaufwand nach dem Leistungsinhalt des jeweiligen Pflegeeinsatzes, nach Komplexleistungen oder in Ausnahmefällen auch nach Einzelleistungen je nach Art und Umfang der Pflegeleistung zu bemessen; sonstige Leistungen wie hauswirtschaftliche Versorgung, Behördengänge oder Fahrkosten können auch mit Pauschalen vergütet werden.“

    Nach Zeit oder unabhängig von Zeit? Diese Frage hat Auswirkungen auf den Pflegevertrag. Der Pflegedienst muss nun – am besten tabellarisch nebeneinander gestellt – Vergleiche der Vergütungsformen ermöglichen. Der Versicherte kann entscheiden, welchen Vergütungsmix er in den Vertrag mit dem Pflegedienst aufnehmen möchte. Im Vertrag wird diese Entscheidung dokumentiert.

    Der Pflegevertrag kann im übrigen jederzeit und ohne Frist durch den Pflegebedürftigen gekündigt werden.

Neues Pflegegesetz 2013 Teil 1
Neues Pflegegesetz 2013 Teil 2

CDU-Spahn offensiv gegen Korruption in der ambulanten Versorgung

Manchmal sind mir selbst die Unionschrstlichen sympathisch. Im Gegensatz zu den Sozen, die schwer damit beschäftigt sind, ihren Steinbrück zu kontrollieren, steigt die CDU gleich mal mit einem deftigen wie-reize-ich-die-FDP-Thema ins Wahljahr ein: Korruption bei Vertragsärzten in der ambulanten Versorgung.

Das nenne ich mal frisch voran und mutig ausgeteilt, wenn die F.A.Z. den jungen Wilden Jens Spahn sprechen lässt: „Spahn sagte, wahrscheinlich müsste erst mal fünf bis zehn Ärzten die Berufserlaubnis entzogen werden, bis bei allen die nötige Sensibilität einkehrt.

Klar, auch die SPD hatte im Zug des Urteils durch den Bundesgerichtshof vorgeschlagen, Bestechlichkeit unter Strafe zu stellen. Der BGH hatte zugunsten eines Vertragsarztes den Beschluss einer Vorinstanz ungültig erklärt: Ein Vertragsarzt sei weder Amtsträger noch Beauftragter der Krankenkassen. Deswegen könne er auch nicht wegen „Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr“ (StGB §299) verurteilt werden.

Die SPD unterschlug allerdings, dass die Hebel für die Bestrafung von Bestechlichkeit bereits in den Händen der Selbstverwaltung und der ärztlichen Standesorganisationen liegen, Stichwort Berufsrecht.

Da bisher allerdings nix passiert ist, berufsrechtlich bzw. von Seiten der Standesorganisationen, geht nun Jens Spahn in die Offensive. Die FDP wird das sicherlich nicht freuen. Das Publikum wird gespannt verfolgen, ob die Spahn’sche Attackelust beim Thema Korruption in der ambulanten Versorgung die Bundestagswahl überdauert.

Pflegegesetz 2013 tritt in Kraft, Teil 2

Zu den wesentlichen Elementen des Pflege-Neuausrichtungs-Gesetzes zählen eine Reihe von Leistungsverbesserungen, die vor allem Demenzkranken zu Gute kommen sollen. Zudem legt der Gesetzgeber ein „Initiativprogramm zur Förderung neuer Wohnformen“ auf.

  • Zusätzliche Leistungen für Pflegebedürftige in ambulant betreuten Wohngruppen
  • Pflegebedürftige, die in einer gemeinsamen Wohnung mit häuslicher pflegerischer Versorgung (ambulant betreute Wohngruppen) leben, erhalten eine Pauschale von € 200 im Monat, wenn sie eine Sachleistung, Pflegegeld oder eine Kombination von beidem bekommen.

    Dazu muss in der Wohngruppe eine Pflegekraft tätig ist, „die organisatorische, verwaltende oder pflegerische Tätigkeiten verrichtet„. Außerdem müssen mindestens drei Pflegebedürftige gemeinschaftlich Wohnen und die freie Wählbarkeit der Pflege- und Betreuungsleistungen muss gewährleistet sein. Die Pauschale gibt es also in einem Pflegeheim nicht.

  • verbesserte Pflegeleistungen für Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz
  • Demenzkranke, die bisher € 100 Betreuungsgeld bekommen haben (erhöhter Bedarf: € 200), erhalten ab sofort €120 zusätzlich von der Pflegekasse, wenn sie von ihren Angehörigen betreut werden. Nimmt sich ein Pflegedienst dieser Patienten an, stehen nunmehr € 225 Pflegegeld zur Verfügung. Dies ist als Übergangsregelung im Gesetz verankert – bis ein neuer Pflegebedürftigkeitesbegriff in einem weiteren Gesetz bestimmt wird.

    Und weiter steht im Gesetz:
    Pflegebedürftige mit Pflegestufe I bekommen € 70 mehr Pflegegeld (also € 305) oder aber bis zu € 215 mehr (zusammen bis zu € 685), wenn Sachleistungen, also ein ambulanter Pflegedienst, in Anspruch genommen werden.
    Pflegebedürftige der Pflegestufe II bekommen € 85 mehr Pflegegeld (also € 525) oder aber bis zu € 150 mehr (zusammen bis zu € 1250), wenn Sachleistungen, also ein ambulanter Pflegedienst, in Anspruch genommen werden.

  • Häusliche Betreuung
  • Eine weitere Übergangsregelung sind erweiterte Betreuungsleistungen insbesondere für Demenzkranke, die von ambulanten Pflegediensten angeboten werden können. Diese zusätzlichen Leistungen (neben Grundpflege und Hauswirtschaftshilfe) umfassen endlich die lange vernachlässigte Kommunikation, ja sogar die Aufrechterhaltung sozialer Kontakte. Außerdem geht es darum, die Patienten bei der Gestaltung des häuslichen Alltags zu unterstützen. Sie können nun von den Pflegekassen finanzierte Hilfe bei der Strukturierung des Tages bekommen und können bei Beschäftigungen angeleitet werden. Angebote zur Einhaltung eines Tag-/Nacht-Rhythmus gehören ebenfalls in dieses Leistungsspektrum.

    Diese Regelung gilt für alle Pflegestufen: Von O (eingeschränkte Alltagskompetenz, Menschen mit Demenz) bis zu den bekannten Stufen 1-3. Alle Bedürftigen können von dieser Betreuungsregelung profitieren.

  • „Pflege-Bahr“ – Pflegevorsorgezulage
  • Jeder Versicherte, der eine zusätzliche private Pflegeversicherung in einer Höhe von mindestens € 10 abschließt, erhält € 5 als Zuschuss on top.

    Gilt Kritikern weithin als Beleg für versicherungsrechtliche Klientelpolitik. Die Unternehmen wird es freuen, wenn ihnen durch die Gesetzeslage viele Kunden an die Ufer gespült werden.

Neues Pflegegesetz 2013 Teil 1
Neues Pflegegesetz 2013 Teil 3

Pflegegesetz 2013 tritt in Kraft

Nachdem erste Teile der Pflegereform bereits im Herbst 2012 in Kraft traten, wird nun zum 01.01.2013 das gesamte „Gesetz zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung“ wirksam.
Das Gesetz verändert im Wesentlichen das 11. Buch des Sozialversicherungsgesetzes (SGB XI).

  • Beitragssatz
  • Zum 01.01.2013 steigt der Beitragssatz für Versicherte mit Kindern von 1,95% des Bruttoeinkommens auf 2,05% (Grenze der Bemessung 2013: 3937,50 Euro). Versicherten ohne Kinder wird der Beitragssatz ebenfalls um 0,1% angehoben. Sie zahlen nun 2,3%.

  • Beratungsgutscheine
  • Die Pflegekassen müssen sicherstellen, dass innerhalb von zwei Wochen nach Antragstellung ein Beratungstermin vereinbart werden kann. Falls die Versicherung dazu nicht in der Lage sein sollte, muss Sie Beratungsgutscheine ausgeben, damit ein externer Anbieter hier zum Zuge kommen kann. Schafft es die Pflegekasse nicht, dem Versicherten innerhalb einer Frist von fünf Wochen einen Bescheid auszuhändigen, wird die Pflegekasse mit einer Strafzahlung von € 70 an den Versicherten pro angefangener Woche belegt.

  • Begutachtung durch unabhängige Gutachter
  • Neben dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK), die bisher allein die Pflegebedürftigkeit einschätzen konnten und damit quasi ein Monopol innehatten, müssen die Kassen nun auch mit unabhängigen Anbietern kooperieren. Diese müssen selbstverständlich entsprechende Qualifikationen nachweisen – was wiederum von den Pflegekassen geprüft wird…

    Konkret ist hier beabsichtigt, die Pflegekassen unter Druck zu setzen. Wenn es den Kassen ab dem 01.06.2013 nicht gelingt, innerhalb von vier Wochen nach Antragstellung eine Begutachtung durchzuführen, müssen dem Versicherten mindestens drei unabhängige Gutachter genannt werden.

  • Berichtspflicht
  • Der Antragssteller hat Anspruch auf den Bericht des MDK oder des begutachtenden Dienstleisters – und ist darüber vorab zu informieren. Außerdem ist die Pflegekasse verpflichtet, den Patienten darüber zu informieren, wenn bei der Begutachtung erkennbar wird, dass eine Rehabilitationsmaßnahme (nach SGB IX) notwendig ist. Motto hier: Reha vor Pflege.

  • Anschubfinanzierung zur Gründung von ambulant betreuten Wohngruppen
  • Wenn die Voraussetzung erfüllt ist, dass mindestens drei Pflegebedürftige versorgt werden, haben ambulante Wohngruppen Anspruch auf eine einmaligen Zuschuss zur Verbesserung des Wohnumfeldes in Höhe von € 2500 pro Versichertem, maximal aber in einer Höhe von € 10000. Dafür stellen die Pflegekassen 30 Millionen Euro zur Verfügung. Es können also ungefähr 3000 ambulant betreute Wohngruppen damit gefördert werden.

  • Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen
  • Schon jetzt kann die Pflegekasse einen Zuschuss für die Verbesserung des häusliches Wohnumfeldes gewähren (bis zu € 2557), um die Pflege zu erleichtern oder die selbständige Lebensführung zu erhalten. Ab sofort können auch ambulant betreute Wohngruppen diesen Zuschuss erhalten, maximal bis € 10228. Werden mehr als vier Pflegebedürftige betreut, werden die Kosten anteilig aufgeteilt.

Neues Pflegegesetz 2013 Teil 2
Neues Pflegegesetz 2013 Teil 3

Staatsrechtler Paul Kirchhof zum Grundeinkommen

Der Staatsrechter Paul Kirchhof wird 2010 im Rahmen eines Vortrags „Die Erneuerung des Staates – Steuergesetzgebung als Herausforderung“ zum Bedingungslosen Grundeinkommen befragt und gibt in 4:25 min Auskunft, was er denkt. Es wird klar, wie fruchtbar und wichtig er die gesellschaftliche Debatte darüber findet.

2. Tag der Allgemeinmedizin in Hamburg

Morgen, am 10. November 2012 findet in Hamburg das zweite Mal der „Tag der Allgemeinmedizin“ (TdA) statt.

Der Klick auf den Plakat-Link führt zu weiteren Informationen vom Institut für Allgemeinmedizin am UKE. Das Institut veranstaltet den TdA, der dieses Jahr auch noch in München, Jena und Göttingen stattfindet.

Der Tag der Allgemeinmedizin ist eine bundesweit etablierte Veranstaltung der „Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin“ (DEGAM) und der universitären Institute für Allgemeinmedizin. Im Kern geht es darum, niedergelassene Hausärzte und Hausärztinnen sowie deren Medizinische Fachangestellte einen Tag lang zu praxisorientierten, interaktiv ausgelegten Workshops einzuladen, sich zu vernetzen, Forschungsideen und Erfahrungen auszutauschen.

Einen guten Überblick über das Konzept gibt der Artikel (pdf) von Szecsenyi J, Wiesemann A, Stutzke O, Mahler C. „Tag der Allgemeinmedizin“ – Ein Beitrag zur Entwicklung einer gemeinsamen regionalen Plattform zwischen Hausarztpraxen und einer Universitätsabteilung. Z Allg Med 2006; 86: 449-455.

Wechselstube Eimsbüttel eröffnet

In Hamburg-Eimsbüttel (Methfesselstraße 65) hat eine soziale Tauschbörse eröffnet: Die Wechselstube. Geben und Nehmen in Eimsbüttel. Jeder kann nehmen, was unterm Zeltdach liegt. Jeder kann auch etwas vorbeibringen, das nicht mehr benutzt wird, aber zu wertvoll zum Wegwerfen ist. Anderen eine Freude machen, sich selber eine Freude machen. Nachbarschaftlich nachhaltig. So soll die Wechselstube funktionieren. Zunächst einmal die kommenden sechs Monate bis Mai 2013.

Hier ein Bericht aus dem Elbe-Wochenblatt über die Initiatoren vom Eimsbütteler Salon.

Filmbuch zu virtuellen Welten und Wesen

Frisch zur Buchmesse veröffentlicht ein Exkurs in virtuelle Welten, die einem manchmal ganz schön nah kommen können: Blade Runner, Matrix und Avatare: Psychoanalytische Betrachtungen virtueller Wesen und Welten im Film, Herausgeber: Parfen Laszig

Cover Filmbuch

Darin ein eigener Beitrag, den ich zusammen mit der Heidelberger Analytikerin Lily Gramatikov geschrieben habe: „Die Matrix“ und die Frage: Kann es doch ein richtiges Leben im Falschen geben? In: Laszig P. (2013, Hg.) Psychoanalytische Betrachtungen virtueller Wesen und Welten im Film. Springer-Verlag, Heidelberg New York, 285-302.

Ein spannendes Buch-Projekt, das 30 Filme zusammenbringt und sie psychoanalytisch sieht, liest, interpretiert.

Unser Matrix-Beitrag analysiert erstmals die komplette Trilogie. Wir zeichnen Neos Weg bis zum finalen Kampf mit den Maschinen und der (erneuten) Rettung von Zion nach. Und wir stellen uns der Frage, die unserem Text den Titel gab: „Kann es ein richtiges Leben im Falschen geben?“