Achtung der internationalen Gemeinschaft

Iran hat gerade verkündet, nun auch zu den Atommächten zu gehören – am nationalen Nuklearfeiertag (Wunderliche Feiertage gibts…). Wenn ich mich recht entsinne, spuckt die iranische Propagandamaschine regelmäßig solche Meldungen aus – und dann taucht immer jemand auf, der sagt, na ja, der Iran sei dazu noch xx Jahre nicht in der Lage.

Die Reaktionen sind gewohnt empört, harsch, verurteilend. Klar, auch die US-amerikanische Regierung kommentiert das Geschehen und sieht darin „ein neues Zeichen der Missachtung der internationalen Gemeinschaft„.

Nanu. Ist das nicht gang und gebe, international? Kein Land schert sich um die internationale Gemeinschaft, wenn nationale Interessen berührt sind. Das machen die Amis (siehe Irakkrieg, Guantanamo) nicht, die Chinesen (siehe Darfur) nicht und die Russen (siehe Tschetschenien) nicht. Warum verlangen nun ausgerechnet die Amis von den Iranern, was ihnen selbst schnurzpiepe ist, wenn sie es für sinnvoll halten? Bizarre Welt.

Lernen, rasant!

Fasziniert betrachte ich meinen knapp eineinviertel Jahr alten Sohn. Ich reibe mir die Augen wie dynamisch und rasant er lernt, wie er – von Rückschlägen unbeeindruckt – zwanghaft-programmatisch und klar nachhaltig seine Welt und sich selber erkundet.

Erst wenige Schritte. Dann der Gang durch den Flur. Einige Tage später längere Ausflüge in alle Zimmer der Wohnung inklusive ersten Gepäckstücken. Bis hin zur Fähigkeit in der Gehbewegung die Knie anzuwinkeln und ohne innezuhalten, fasst fließend, etwas vom Boden aufzulesen – und weiterzugehen.

Das Lernen gipfelte gestern darin, das der Junge (ohne Aufforderung) Wäsche aus der Trommel im Schlafzimmer klaubte und sie in die Küche brachte. Dort steckte er sie in der Waschmaschine. Eine verlorene Socke sammelte er beim zweiten Gang auf – und hatte sichtlich einen Riesenspass.

So fasziniert ich bin, so sehr frage ich mich natürlich, auf welche Weise ihm diese Freude erhalten bleiben kann…

Spielplatzgedanken

Wir sorgen uns um die Atemluft in unseren Städten. Die Verwaltungen erlassen Feinstaubverordnungen. Dreckschleuder-Autos sollen gar eine Gebühr bezahlen oder ganz aus den Innenstädten ferngehalten werden. Zudem bemühen wir Eltern uns, unsere Kinder mit dem Besten zu versorgen, was wir ermöglichen können…

Dann gehen wir mit den Zwergen an einem warmen, trockenen Frühlingstag auf den Kinderspielplatz, auf dem sich schon mehrere Dutzend andere Kinder tummeln – und dort gehörigen Staub aufwirbeln. Wahrscheinlich ist die Staubkonzentration so hoch, dass Behörden den Spielplatz schlössen, wenn sie denn messen würden, und Atemschutzmasken nötig wären.

Alles nur ein (verkraftbarer) Widerspruch zwischen dem Wunsch nach guter Luft einerseits und andererseits der Unmöglichkeit, diese zu jeder Zeit gewährleistet zu bekommen? Oder symptomatisch für die Gegensätze, in deren Spannungsfeld wir uns täglich bewegen, ob mit oder ohne Kindern?

– Das Klima und unser Lebensstil.
– Das Kind in unserer Obhut und in Fremdbetreuung.
– Bionahrung hier, konventionell Hergestelltes dort.
– Tierschutz – Tierverbrauch.

Wem fallen weitere Beispiele ein?

Kurt „ahnungslos“ Beck

SPD-Chef Becks Vorschlag, mit moderaten Taliban das Gespräch zu suchen, konterte der afghanische Außenminister Rangin Dadfar Spanta ungewohnt undiplomatisch mit beißender Ironie:

„Ich habe mich sehr gewundert darüber, weil wir in Afghanistan seit geraumer Zeit moderate Taliban suchen und nicht finden. Wenn westliche Politiker sowas haben, können sie uns die Adresse und Kontaktpersonen geben, damit wir uns mit ihnen auseinandersetzen können.

Es so darzustellen, dass wir in Afghanistan moderate und nicht-moderate Taliban oder Al Kaida oder sowas haben, das ist das gleiche wie wenn ich von Afghanistan oder von Kabul aus sagen würde, man sollte in Rheinland-Pfalz zum Beispiel mit der NPD eine Koalition schließen, oder mit moderater NPD.

So eine Klassifizierung ist eine Erfindung von denjenigen, die von Afghanistan keine Ahnung haben.“

Der Mann kennt Deutschland auf jeden Fall besser als Herr Beck Afghanistan.

Quelle: SWR, ARD-Hörfunkstudio Südasien

Amerikanischer Blogger aus Beugehaft entlassen

Josh Wolf, ein Videoblogger und Journalist aus San Francisco, ist nach sieben Monaten (226 Tage) aus der Beugehaft entlassen worden. Er sollte genötigt werden, ein Video an die Behörden zu übergeben, das er auf einer Anti-Globalisierungsdemo aufgenommen hatte.

In seinem ersten Statement nach seiner Entlassung weist er allerdings darauf hin, dass es nicht allein darum ging, dem Staat das Video auszuhändigen. Vielmehr sollte er gezwungen werden, vor Gericht als Zeuge auszusagen. Dagegen wehrte er sich. Schließlich handelte er den Kompromiss aus, das Video nach seiner Entlassung ungeschnitten online zu stellen und zwei Fragen des Gerichts zu beantworten. Beide beantwortete er (gekürzt, d.A.) mit „Nein.“

Der Innenminister im Datensammelwahn

Wolfgang Schäuble will jetzt alles:

  • Fingerabdrücke in Pässen und bei den Meldeämtern
  • Mautdaten zur Strafverfolgung nutzen
  • Rasterfahndung erlauben
  • Online-Durchsuchung von Computern ermöglichen
  • präventive Telefonüberwachung
  • den großen Lauschangriff wieder einführen
  • Kronzeugenregelung zurückholen
  • Überarbeitung §129 a StGB – Bildung einer terroristischen Vereinigung
  • Datenaustausch zwischen den Verfassungsschützern in Bund und Ländern verbessern

Vielleicht sollte der Verfassungsschutz anfangen, den Minister zu überwachen, der offenbar die Verfassung schleifen möchte – und den Umbau des „Rechtsstaates in einen Präventions- und Sicherheitsstaat“ plant, wie die Süddeutsche Zeitung diesen Katalog kommentiert.

Florian Henckel von Donnersmarck: Das Leben der Anderen

Vor wenigen Tagen habe ich wieder einmal Das Leben der Anderen gesehen. Der Oscar-prämierte Film erzählt die Geschichte eines Stasi-Mannes, der vom tausendprozentigen Befürworter knallharter Ermittlungsmethoden im Dienste des Sozialismus zum Verteidiger/Beschützer eines Andersdenkenden wird. Der Film erzählt aber auch, wie Sehnsüchte zerstört werden, Vertrauen mißbraucht wird, Beziehungen zerrüttet werden, Menschen versagen, scheitern, zugrunde gehen, wenn sie ihren Halt, ihre innere Mitte verlieren und eben nicht mehr wissen, auf welcher Seite sie nun eigentlich stehen.

Mir ist jetzt noch klarer, warum der Film nicht nur in Deutschland funktioniert: Die Stasi-Geschichte, die uns die üblen Seiten der DDR näher bringt, ist nur die Folie, der Hintergrund für den viel größeren Stoff, den der Autor erzählt. Ja, im Grunde genommen ist die DDR und ihr Geheimdienst austauschbar gegen ein beliebiges anderes Land und dessen geheime Dienste. Jeden Tag werden noch heute rund um den Globus auf diese Weise Leben zerstört, in so genannten demokratischen Ländern genauso wie in Diktaturen. Aus Menschen werden Geständnisse heraus gepresst, Liebende werden aufeinander gehetzt, Abhängige werden noch abhängiger gemacht. Und all das meist im Namen einer guten Sache. Doch wer auf diese Weise an einer vermeintlich guten Sache beteiligt ist, kann selbst auf Dauer kein guter Mensch sein. Und: All das fällt irgendwann auf die vermeintlich gute Sache selbst zurück. HGW XX/7, Hauptmann Gerd Wiesler erkennt das nach und nach und beginnt, sich dem Bösen zu widersetzen. Da er ein Geheimer ist, sind ihm die Maßnahmen, die Verhaltensregeln, die Winkelzüge vertraut, um subversiv auf die Subversion zu reagieren. So nutzt er seine Chance, dem Bösen zu entkommen, dem er sich einst verschrieben hatte.

PS.: Mit der Sicht derjenigen, die nach 1990 ihre Stasiakten gesehen haben, beschäftigt sich dieser Beitrag: Das Leben des Anderen – Stasiakteneinsichten.

PPS.: Ich habe inzwischen meine eigene Akte veröffentlicht.

Wundenheilung

Wenn es nur sonst so „einfach“ ginge: Das traumatisiernde Ereignis, den letzten Kampf, die verbliebene offene Wunde nach zehn Jahren mit bester Vorbereitung und für viel Geld erneut inszenieren – und es anders enden lassen als bei ersten Mal. Wie in einer Zeitschleife, in der der Held noch einmal von vorn beginnen kann, um Geschehenes ungeschehen zu machen. Und schon ist das Trauma bezwungen, der Bann gebrochen, der innere Frieden wieder hergestellt. Glückwunsch, Henry Maske.

Leider ist eine solche Chance nur wenigen Traumatisierten vergönnt. Die meisten haben einen weiten, psychotherapeutischen Weg zu gehen. Einigen lindert EMDR das Trauma.